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Wer in der Kommunikationsbranche arbeitet, kann den Begriff wahrscheinlich schon nicht mehr hören: Employer-Branding. Mittlerweile ist die Vermarktung der eigenen Arbeitskultur für viele Firmen zum zentralen Thema geworden. Dies verwundert freilich nicht, ist es in Zeiten massiven Fachkräfte- bzw. allgemeinen Arbeitskräftemangels für Unternehmen doch wichtiger denn je, sich als attraktive Arbeitgeber darzustellen. Entsprechend großen Raum nimmt das Employer-Branding inzwischen auch im Tätigkeitsfeld von PR- und Marketing-Profis ein und läuft damit – zumindest gefühlt – sogar den Dauerbrennern Nachhaltigkeit und Diversity den Rang ab. Doch auch wenn der Anglizismus aktuell in aller Munde ist, wird dessen eigentliche Bedeutung erst bei genauerem Hinsehen klar.

Von der Identität zur Marke

Wie so oft, lohnt sich auch hier zunächst ein Blick in den zugehörigen Wikipedia-Artikel. Nach einer doch recht schwammigen Definition („Employer-Branding ist eine unternehmensstrategische Maßnahme, bei der Konzepte aus dem Marketing – insbesondere der Markenbildung – angewandt werden, um ein Unternehmen insgesamt als attraktiven Arbeitgeber darzustellen“…hätte man draufkommen können) folgt die erste Überraschung. Trotz seiner scheinbar erst seit einiger Zeit aufflammenden Popularität, geistert der Begriff doch bereits seit den Neunzigerjahren durch den Sprachgebrauch der Marketers – zumindest im angelsächsischen Raum. Hier wird auch deutlich, dass die Idee der Arbeitgebermarke bereits damals aus dem Fachkräftemangel geboren wurde. Der grundsätzliche Gedanke hat sich dabei in den vergangenen 30 Jahren kaum geändert: Die Qualitäten, Werte und Identität der Organisation sollen möglichst positiv dargestellt werden, um potenzielle Mitarbeitende zu überzeugen. Oder wie die Deutsche Employer Branding Akademie (DEBA) es formuliert: „Die Arbeitgebermarke ist eine besondere Ausprägung der Unternehmensmarke bzw. der Corporate-Identity.“ Noch so ein englischer Begriff, an dem sich PR-ler kaum satthören können…

Zielgruppen definieren und passende Kanäle nutzen

Was diese Arbeitgebermarke ausmacht, kann sich im Einzelfall recht deutlich unterscheiden. Ein familiengeführter Mittelständler mit 150 Jahren Tradition hat nun mal eine völlig andere Identität als ein 2019 gegründetes Startup aus Berlin oder ein internationaler Tech-Konzern. Entscheidend ist deshalb nicht so sehr, mit welchen Eigenschaften man bei möglichen Bewerberinnen und Bewerbern glänzt, sondern wie man diese in Szene setzt und welches Publikum man erreichen möchte. Ein einfaches Beispiel: Stabilität, geregelte Arbeitszeiten und ein schönes Büro sind tolle Sachen. Die junge, kreative Web-Designerin, die das halbe Jahr remote arbeiten möchte, holt man so aber eher nicht ab. Unternehmen, die eine Employer-Branding-Kampagne auf die Beine stellen möchten, sind also gut beraten, zunächst klar zu definieren, wen sie überhaupt ansprechen möchten. Hieraus ergeben sich wiederum die passenden Kanäle und Inhalte.

Positive Beispiele, wie so etwas aussehen kann, gibt es viele. In einer Auswahl besonders gelungener Employer-Branding-Ansätze auf dem Hubspot-Blog finden sich so unter anderem das Klinikum Dortmund, das junge Talente mit humorvollen TikTok-Videos begeisterte, die Lufthansa und das Vergleichsportal Verivox, das seine Karriereseite – wie könnte es anders sein? – als Vergleichsportal für Stellen im Unternehmen aufsetzte. Sie alle haben gemeinsam, dass sie die Möglichkeiten von Social Media, Webseiten und Co. kreativ nutzen, um sich authentisch zu präsentieren. Authentizität sollte bei der Markenbildung für Arbeitgeber grundsätzlich im Fokus stehen. Denn was nützt die tollste Außendarstellung, wenn die neuen Kolleginnen und Kollegen schon nach kurzer Zeit merken, dass diese eben nur das war – Außendarstellung. Die DEBA überschreibt diesen Gedanken treffend mit „Effektivität der Ehrlichkeit“ und ergänzt: „Strategisch denken, ganzheitlich handeln und nach links und rechts schauen“. Zugegeben, hier wird es wieder arg allgemein und das gleiche könnte man über so ziemlich jede Marketing-Maßnahme sagen. Falsch wird es dadurch aber nicht.

Schrecklicher Verdacht: Employer-Branding ist Marketing

Hexenwerk ist Employer-Branding also nicht, so viel steht fest. Wer mit den Spielregeln der PR und des Marketings vertraut ist, wird hier kaum überrascht. Statt einem Produkt oder einer Dienstleistung preist man lediglich einen Arbeitgeber an, statt Kunden versucht man Bewerber zu überzeugen. Dennoch ist es lohnenswert, sich näher mit den Feinheiten der Disziplin auseinanderzusetzen, denn das Thema dürfte unsere Branche noch länger beschäftigen. Insights von Experten hierzu finden sich zuhauf, wie beispielsweise in unserer spannenden Podcast-Folge aus dem letzten Sommer mit Headhunter und Recruiting-Profi Frank Rechtsteiner. Er sagt eindeutig: „Gebt Unternehmen ein Gesicht!“

Ach ja, einen besonders einfachen Trick will ich zum Schluss natürlich nicht verschweigen. Sollen die Bewerber ihrem neuen Arbeitgeber sprichwörtlich die Tür einrennen, gilt auch 2023 noch der seit Ewigkeiten unerreichte Unternehmenswert Nummer 1 – ein hohes Gehalt.