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Vor gut zwei Jahren erzählte ich an dieser Stelle schon einmal von „Influencern abseits des Mainstreams“, wie ich es damals bezeichnete. Internetpersönlichkeiten also, die sich nicht mit den allgegenwärtigen Themen wie Mode, Essen oder Reisen beschäftigen, sondern mit Nischenschwerpunkten. Konkret handelte es sich hierbei um Evangelisten für Rasenpflege, Lego-Sets und Schusswaffen. Weit entfernt vom Mainstream eben. Eine ungünstige Kombination aus näher rückender Deadline für meinen Blogbeitrag und akuter Ideenlosigkeit führt nun dazu, dass ich, ganz der Nachhaltigkeit verpflichtet, dieses alte Thema recycle. Kreislaufwirtschaft fängt ja bekanntlich in den Köpfen an…oder so ähnlich.

Seit ich mich zuletzt mit den obskureren Influencern die das Netz zu bieten hat beschäftigte, ist einiges passiert. Sowohl meine eigenen Interessen als auch die Welt darum herum haben sich verändert und dementsprechend kann ich jetzt drei neue Beispiele vorstellen. Diese sind auf den ersten Blick jedoch überhaupt nicht Anti-Mainstream. Im Gegenteil, es geht um Mode, Möbel und Reisen – man kann den Instagram-Account in satten Erdtönen praktisch schon vor sich sehen. Doch auch in diesen Bereichen gibt es mehr zu entdecken, als einem Anfang-20-jährige Möchtegern-Models auf Bali weißmachen mögen. So viel vorab: Es wird schick, bequem…und gefährlich.

Der Rächer des Maßanzugs: Derek Guy

Wenn es um Kleidung bzw. Mode geht – wo der Unterschied liegt, mag jeder selbst entscheiden – gilt heute meist das Motto: Hauptsache schnell. „Fast Fashion“ und ständig wechselnde Trends sind für viele das Gebot der Stunde. Die Antithese hierzu ist der Mode-Blogger und -Twitterer Derek Guy. Sein Metier ist die hochwertige, zeitlose Herrenmode, allem voran der Maßanzug. Auf höchst interessante und unterhaltsame Art erläutert er seinen Followern verschiedene Schnitte, Stile, Materialien und mehr. Dabei scheut er sich auch nicht, etwas kontroversere Standpunkte zu beziehen. So sind ihm die körperbetonten Anzüge, die in den letzten Jahren in Mode sind, ein Graus und regelmäßig führt er Prinz (Pardon, König) Charles als positives Stilbeispiel an. Nun ja, eventuell kann man hier geteilter Meinung sein.

Doch auch ein bekennender Anzugverweigerer wie ich wird bei Derek Guy fündig. So machte er mich etwa auf die extrem hochwertig gefertigten und schicken Bomberjacken von Buzz Ricksons aufmerksam. Diese befinden sich preislich zwar in anderen Dimensionen als meine bisherige Garderobe, aber man darf ja noch träumen…

Die weite Welt der Bürostühle: BTODtv

Denkt man an teure Möbel, kommen einem in der Regel zuerst Tische aus Tropenholz oder futuristische Designerstühle in den Sinn. Das Möbelstück, auf dem viele von uns den Großteil ihres Tages verbringen – der Bürostuhl – haben hingegen die wenigsten auf dem Zettel. Dabei lohnt es sich doch gerade hier, in Qualität zu investieren.

Verstanden hat das auch das Team des Youtube-Kanals BTODtv. Auf diesem dreht sich alles um Office-Mobiliar, allem voran die rollbaren Sitzgelegenheiten. In diversen Test- und Vergleichsvideos besprechen die sympathischen Moderatoren die Vor- und Nachteile verschiedener Modelle. Dabei liegt der Fokus immer klar auf der Ergonomie und Verarbeitung. Hübsches Blendwerk hat keine Chance. Überraschungen gibt es allerdings selten. Denn frei nach Gary Lineker gilt: „Bürostuhl-Reviews sind ein einfaches Spiel. Vier Männer reden über ein Dutzend Modelle und am Ende gewinnt immer der Herman Miller Aeron.“

Urlaub machen, von wo andere flüchten: Bald and Bankrupt

Zugegeben, der Begriff „Influencer“ ist für mein letztes Beispiel vielleicht nicht hundert Prozent zutreffend. Denn der britische Youtuber Benjamin Rich-Swift, besser bekannt unter seinem Kanalnamen „Bald and Bankrupt“ bereist zwar die Welt und filmt sich dabei im Stil eines Reise-Vloggers – doch sucht er sich dafür Länder und Regionen aus, die sonst wohl kaum jemand besuchen möchte. In manchen Fällen hofft man als Zuschauer gar inständig, dass sich niemand davon inspiriert fühlen möge. Denn Rich-Swift verschlägt es auf seinen Trips gerne auch mal in radioaktiv verseuchte Sperrzonen, Kriegsgebiete oder Städte mit geradezu absurden Kriminalitätsraten.

Dass der hemdsärmelige Engländer damit ein Millionenpublikum erreicht, verwundert allerdings nicht. Denn es übt doch eine ganz eigene Faszination aus, zu sehen, wie ein 0815-Mitteleuropäer wenige Monate nach der Machtübernahme der Taliban durch Kabul spaziert, als wäre es Cala Ratjada.

Blick auf die Nische

Wieder einmal zeigt sich: Zum Influencer-sein braucht es weder perfektes Aussehen noch muss man sich dem aktuellen Zeitgeist in Sachen Mode und Lifestyle anbiedern. So fürchterlich Social Media und das Internet häufig sind, sie haben uns doch eine schier unendliche Fülle an Content für so ziemlich jedes Interesse gebracht. Diese Erkenntnis sollten sich auch Unternehmen zu Herzen nehmen. Allzu oft möchten Marketers unbedingt mit Influencern zusammenarbeiten, haben dabei jedoch eine sehr eingeschränkte Vorstellung von diesen. Eine junge Wellness-Bloggerin, die auf Instagram ihre Yoga-Routinen postet, wird eben nur Produkte bewerben, die zu diesem Image passen. Als Bohrmaschinenhersteller könnte der Handwerksgeselle mit 5.000 TikTok-Followern hier eventuell spannender sein.