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Kaum ist die Bundesliga-Saison im Herren- wie im Frauenfußball vorbei, beginnt auf Seiten der Spieler-Agenten und -Agentinnen der Wechsel-Poker der Spieler und Spielerinnen. Welcher Verein spricht mit wem? Wie weit sind die Verhandlungen gediehen? Wer geht bestätigt wohin? Von wo kommt der/die neue Spieler/in. Welche Erfahrungen bringt er/sie mit? Welche Ablösesummen waren nötig? …

Kurz: Die Karten für die neue Saison werden neu gemischt. Während bei anhaltend unerfreulichen Partieergebnissen die Spieler und Spielerinnen eher selten während einer Saison den Verein wechseln bzw. gekündigt werden, hat sich im Hinblick auf Trainer und Trainerinnen der Brauch sofortiger Freistellung oder Vertragsbeendigungen eingebürgert. Manchmal geht das gut, manchmal nicht. Und manchmal zittern erfolgsgewöhnte Mannschaften und Frauschaften – Frauenmannschaften geht ja wohl nicht – aus einem südlich gelegenenen deutschen Freistaat bis zum letzten Spieltag, ob der ersehnte Pokal wieder errungen werden kann. Am Ende entscheiden die Zahlen, d.h. gewonnene Spiele und das Torverhältnis.

Ähnlich transparente Ergebnisse und messbare Erfolge in der bundesdeutschen Politik zu erkennen, fällt naturgemäß deutlich schwerer. Hier geht es primär um Wählerstimmen und Abstimmungsergebnisse, nicht um Tore. Neben den nackten Fakten von Wahlergebnissen herrscht in der Politik überwiegend Interpretationswürdigkeit vor. Dabei könnten die im Bundestag recht viel vom Gebaren in der deutschen Fußballbundesliga lernen. Gut, es gibt auch in der politischen Fehde einige Fouls, die aber eher in Form verbaler Entgleisungen und Attacken. Bisher ist dadurch noch keiner verletzt aus dem Bundestag getragen worden oder musste eingewechselt werden.

Obwohl im Vergleich zu früheren Schlagabtauschen zwischen Franz-Joseph Strauß und Herbert Wehner – heutige Politiker und Politikerinnen würden dabei wohl in Schnappatmung verfallen – der Ton der Auseinandersetzungen im Parlament weniger heftig und dramatisch ausfällt, wünscht sich doch der eine oder die andere in diesen Situationen gestrenge Eingriffe, die eines Bundesliga-Schiedrichters bzw. Schiedsrichterin würdig wären. Statt sich wiederholender mehr oder weniger sanfter Ordnungsrufe durch den/die Bundestagspräsidenten/in wäre vielleicht die unmißverständliche Reihenfolge Verwarnung/gelbe Karte/rote Karte durch eine unabhängige und parteilose Person hier viel wirksamer – und auch unterhaltsamer. Auch mehrtägige/-wöchige Debattensperren oder hohe Konventionalstrafen bei unbotmäßigen Auftritten und Ansprachen trügen vielleicht zu einem faireren und korrekteren Umgang bei. Dennoch müssten hierbei auch Schwalben überempfindlicher Betroffenheits- und Beleidigtseins-Anhänger geahndet werden.

Eine weitere Anregung könnten die Regierungs- und überhaupt die politischen Parteien auch und gerade vom beginnenden Spieler- und Trainer-Transfers erhalten. Ok, ein Kanzler-Wechsel nach vier bis fünf mißlungenen Auftritten hintereinander ist vielleicht noch nicht realistisch. Aber vielleicht wäre die frühzeitige Abwerbung einer Doppelnamen-tragenden liberalen Koalitionspolitikerin in das Amt der Verteidigungsministerin zu Beginn der Regierungssaison möglich gewesen. Oder etwas mehr Motivation und Begeisterungsfähigkeit in den An- und Auftritt eines Ministers, der sich um das körperliche und seelische Wohl der Bundesbürger und -bürgerinnen sorgt.

Zu fürchten sind natürlich auch Abwerbungen aus den Oppositionsparteien, die Talente, Skrupel und Skrupellosigkeiten in Ministerpositionen entdecken, denen sie ursprünglich nicht grün waren und nun doch Qualitäten, Charakterzüge und Übereinstimmungen entdecken, mit denen sie ihre eigene wirtschaftlichen Ziele viel überzeugender darlegen und verfolgen könnten. Ach, wer hier anfängt, sich mögliche Umbesetzungen und neue Kombinationen auszumalen, kommt nicht mehr so schnell aus diesen Überlegungen heraus.

Wie das mit den nötigen Ablösesummen aussieht, das entzieht sich selbstverständlich meiner Kenntnis. Vielleicht sind da ja auch erstmal probeweise Ausleihen eines Politikers oder einer Politikerin für eine Saison wie in der Bundesliga möglich. Bekanntlich lautet eine der Binsenwahrheiten rund um die Karriere im Geschäftsleben: den Wechsel als Chance begreifen. Vielleicht wäre den im Bundestag vertretenen Parteien zu raten, die Chancen im Wechsel wahrzunehmen. Abwechslungsreicher, kurzweiliger und spannender wäre es auf jeden Fall.