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Als ich ganz zu Beginn meines Praktikums meinem Kollegen Ralf Dunker erzählte, dass ich Anglistik studiere, sagte er zu mir: „Das ist aber ungewöhnlich“. Zugegeben, dasselbe dachte ich mir zu diesem Zeitpunkt auch. Knapp fünf Monate später ist mir aber bewusst geworden, dass ein Beruf im Bereich des PR-Managements für Anglisten und Anglistinnen eigentlich gar nicht mal so unüblich ist. Aber wie sieht so ein Anglistik-Studium eigentlich aus? Und welche Berufe kommen damit in Frage?

Linguistik & Literatur – best of both worlds 

Die Entscheidung für ein Englisch-Studium fiel, nachdem ich “Der Club der toten Dichter“ gesehen hatte. Der Film erzählt die Geschichte des Englischlehrers John Keating, der mithilfe von Poesie seine Schüler zum freien Denken sowie selbstständigem und individuellem Handeln fordert. Dabei wird insbesondere die Bedeutung der Lyrik für die Menschlichkeit hervorgehoben: 

Medicine, law, business, engineering, these are all noble pursuits, and necessary to sustain life. But poetry, beauty, romance, love, these are what we stay alive for.”

Im Nachhinein kommt diese Aussage ein wenig pathetisch und subjektiv daher. Aber im Grunde geht es ja in der Literatur auch genau darum, welche Affekte sie in jedem einzelnen auslöst: Lust, Leid, Begierde, Angst, Hass, Liebe. Und so war ich inspiriert, mich mit englischer Literatur jenseits von Harry Potter auseinanderzusetzen. Für diejenigen, die sich nicht dafür begeistern können, kann ein Anglistik-Studium trotzdem interessant sein. In der Linguistik geht es etwa um die Entstehung der englischen Sprache, die in ihrer Entwicklung viele Gemeinsamkeiten mit der deutschen Sprache aufweist.

Chicken Tikka Masala statt Fish’n’Chips 

Neben der Begeisterung für die englische Sprache und Literatur gehört natürlich auch eine gewisse Neigung für die britische Kultur dazu. Ich befürchte jedoch, dass hierfür ein eigenständiges Studium notwendig ist, und selbst dann bin ich mir nicht wirklich sicher, ob man sie danach wirklich verstanden hat. Das Vereinigte Königreich befindet sich seit dem Zerfall des britischen Empires in einer tiefen Identitätskrise. Der Brexit ist lediglich eine verzweifelte Maßnahme, um den ‚british expectionalism‘ der kolonialen Vergangenheit aufrecht zu erhalten, der durch die kulturelle Vielfalt des modernen Großbritanniens angeblich verloren gegangen ist. Schottland plant für 2023 einen zweiten Anlauf, um sich von der britischen Krone unabhängig zu machen – meine Daumen sind hierfür jetzt schon gedrückt. 

Ein Studium, viele Karrierechancen

Und was macht man am Ende mit einem Abschluss in Anglistik? Das ist eine durchaus berechtigte Frage, auf die ich schon in einem vorherigen Beitrag eingegangen bin. Ein konkretes Berufsfeld für Anglisten und Anglistinnen gibt es per se nicht. Und spätestens bei der Jobsuche stellt man fest, dass die meisten Unternehmen, Institutionen oder Organisationen auch nicht gezielt nach ihnen suchen. Das soll aber nicht heißen, dass sie nicht gebraucht werden – ganz im Gegenteil, die Berufsperspektiven sind sogar ganz gut, man muss nur wissen in welchen Bereichen. 

Ich gebe Keating vollkommen recht. Die Welt braucht Medizin, Jura, Wirtschaft und Technik, aber sie braucht eben auch Kultur, Literatur und Journalismus, um die Meinungsvielfalt in unserer Gesellschaft zu fördern. Dasselbe gilt für Public Relations, die durch Kommunikation eine öffentliche Meinung schafft. Genau hier kommen eben auch Anglisten und Anglistinnen in Frage. Und das Beste an PR ist, dass sie in jeder Branche benötigt wird, egal ob in der IT, Energiewirtschaft, Logistik, im Lifestyle- oder Kultur-Bereich. Hier kann man also ganz nach den eigenen Interessen und Stärken gehen.

Mein Fazit: Wer Interesse an einem bereichernden und herausfordernden Studium hat, ist in der Anglistik bestens aufgehoben. Wer auf der Suche nach einem spannenden und abwechslungsreichen Beruf ist, hat mit der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit auf jeden Fall die richtige Wahl getroffen.