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Was ist ein Museum?

Eine blöde Frage, ich weiß. Natürlich ist ein Museum ein großes, altes Gebäude oder ein hypermoderner Stahlbeton-Palast, gefüllt mit jeder Menge Krempel. Das Ganze wird mit viel zu langen Texttafeln und schlecht gelaunten Aufpassern vervollständigt. Je nach Geschmack kann man sich mit riesigen Ölgemälden, kaputten Vasen oder ausgestopften Tieren langweilen. Am Ende noch ein dünner Filterkaffee und ein überteuerter Bildband im Souvenir-Shop − fertig ist der typische Museumsgang. Ein sonntäglicher Besuch im örtlichen Stadt- oder Heimatmuseum wird mit einiger Sicherheit von einem Triptychon aus genervten Kindern, im Café sitzenden Müttern und über-interessierten Vätern begleitet (selbst als gelernter Historiker finde ich die Begeisterung, die manche Männer über 40 für die Geschichte ihrer Heimatkäffer entwickeln, bedenklich).

Falls sich jetzt jemand ertappt fühlt oder seine eigene Sichtweise auf Museen wiedererkennt: Keine Sorge, das ist ganz normal. Der Gang ins Museum ist meistens recht öde. Die Entscheidung dazu fällt in der Regel, wenn man merkt, dass nichts gutes im Kino läuft, oder einen das Gefühl plagt, man müsse jetzt doch mal wieder was mit Kultur machen. Schlendert man dann durch die Ausstellungsräume und schaut sich die Exponate an, drängt sich schnell der Gedanke auf: „Unnützem Nippes beim Verstauben zusehen hätte ich auch zuhause können.“

Bildung zum Erleben

Es stellt sich jetzt vielleicht die Frage, warum gerade ich, mit meinem Studiumshintergrund, so schlecht über Museen spreche. Ich sollte das doch eigentlich lieben, die Tonscherben, Steine, rostigen Schwerter. Das müsste genau mein Ding sein. Und das ist es auch. Ich gehe unheimlich gerne ins Museum, wandere endlos durch die Ausstellung und verliere mich zwischen den Vitrinen und Bildern. Aber das gilt eben nur für mich und eine Handvoll andere. Wer im Museum Spaß haben will, muss von vornherein ein großes Interesse und im Idealfall Vorwissen mitbringen. Ansonsten gestaltet sich der Besuch wie oben beschrieben, todlangweilig und frustrierend.

Dabei können Museen so viel mehr als bloße Staubfängersammlungen sein. Richtig gestaltet kann ein Thema durch eine Ausstellung besser dargestellt werden, als es durch ein Buch oder einen Film je möglich wäre. Wer das Museum nur als Kultur- und Freizeitangebot versteht, übersieht den vielleicht wichtigsten Aspekt. Das Museum ist eine Bildungseinrichtung. Es vermittelt Wissen in einer direkten Erfahrbarkeit, die im Schulunterricht nicht erreichbar ist. Es macht einen gewaltigen Unterschied, ob man im Schulbuch eine Zeichnung eines Dinosauriers sieht, oder vor dem meterhohen Skelett des selbigen steht. Ob Geschichte, Kunst oder Naturkunde, ein reales Objekt, das Raum einnimmt und den Blick auf sich lenkt, hinterlässt bleibenden Eindruck.

Leere Kassen, wenig Mut

Warum also meine negative Einschätzung am Anfang? Wenn Museen so spannend und lehrreich sind, warum stürmen dann nicht die Massen zu jeder Ausstellung? Das große Problem ist, dass nur wenige Museen ihr Potential nutzen. Während einige Häuser mutig voranpreschen und mit avantgardistischem Ausstellungsdesign und interaktiven Elementen experimentieren, stellt die absolute Mehrheit seine Sammlungsstücke in einen Glaskasten und hängt ein paar hundert Wörter Erklärung daneben. Audio-Guides gelten vielerorts noch immer als Hi-Tec und Videoinstallationen könnten genau so gut geheime NASA-Technologie sein.

Womit lässt sich dieser Mangel an Innovation erklären? Eine wichtige Rolle spielt, wie so oft, das liebe Geld. Museen sind chronisch unterfinanziert. Besonders Einrichtungen in Kleinstädten und auf dem Land kämpfen praktisch ständig ums Überleben und hangeln sich von Fördermitteln zu Fördermitteln. Die einzigen Ausnahmen für diese Regel bilden große Firmenmuseen und staatliche Prestigeobjekte, wie etwa das Deutsche Museum in München. Man sollte sich hierbei bewusst machen, dass so gut wie kein Museum rentabel ist und dessen Überleben vollständig von der Finanzkraft seines Trägers abhängt. Heißt dieser Träger „Mercedes-Benz“ oder „Bundesrepublik Deutschland“, kann man für hunderte Millionen bauen und Exponate kaufen. Heißt er „Gemeinde Hintertupfingen“, kann man froh sein, wenn nicht der Putz von den Wänden fällt.

Museum sucht Retter

Alle Probleme auf den Geldmangel zu schieben, wäre aber zu einfach. Es fehlt auch massiv an motiviertem Nachwuchs, der frische Ideen und Arbeitsweisen mitbringt. Schaut man sich die Belegschaft eines Museums an, ist der Altersschnitt nicht selten über 50. Vielerorts sitzen seit 20-30 Jahren die selben Personen an den Reglern. Früher oder später wird hier ein Umbruch stattfinden müssen. Es bleibt zu hoffen, dass sich bis dahin genügend junge Menschen für die Institution Museum begeistern können um sie mit Leben zu füllen.

Dieser frische Wind muss nicht ausschließlich aus der Wissenschaft kommen. Auch Quereinsteiger könnten sicher eine große Bereicherung sein. Architekten, IT-ler, Filmschaffende, aus verschiedenen Bereichen wären spannende Einflüsse vorstellbar. Ein völlig neu gedachtes Ausstellungskonzept, losgelöst von alten Konventionen, das Exponate nicht nur zeigt, sondern erfahrbar macht.

Und wer weiß, vielleicht könnte ja auch ein PR-ler etwas beisteuern.

 

Christoph Buck