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Lobbying-Kampagne wirft Fragen auf : Werden nicht nur Politiker, sondern auch PR-Agenturen ferngesteuert?

Derzeit macht in der Schweiz eine Affäre um eine PR-Kampagne Schlagzeilen, in welche die FDP-Politikerin Christa Markwalder verstrickt ist. Die Nationalrätin hat 2013 als Mitglied der aussenpolitischen Kommission Vorstösse an den Bundesrat eingereicht, welche von der PR-Firma Burson-Marsteller formuliert worden sind. Dass PR-Agenturen und Lobbyisten solche Papiere für Politiker ausarbeiten, ist an sich noch nicht spektakulär. Das gehört in Bundesbern zur Tagesordnung. Anlass zu Diskussionen gab die Angelegenheit, weil Teile der Interpellation an die Bundesregierung vom Klienten der Agentur, dem kasachischen Politiker Asat Peruaschew formuliert wurden.

Die Interpellation war Teil einer PR-Kampagne, welche die Schweizer Niederlassung von Burson-Marsteller im Auftrag der kasachischen Partei Ak Schol führte. Ak-Schol-Präsident Peruaschew stellt seine Partei zwar im Westen als Opposition dar, ist laut Expertenmeinung aber tatsächlich sehr regimetreu. Die Affäre Markwalder wurde bekannt, nachdem Unbekannte Dokumente und E-Mails im Zusammenhang mit der weltweiten PR-Aktion im Namen Peruaschews ins Netz gestellt haben.

Besonders problematisch ist dabei, dass sehr wahrscheinlich Mitglieder der Diktatoren-Familie Kulibajew die Interpellation an den Bundesrat inhaltlich beeinflusst haben. Die von der Agentur ursprünglich verfasste Version fragte nämlich danach, inwiefern die Schweizer Regierung den Demokratisierungsprozess in Kasachstan unterstütze. Die Kasachen waren offenbar mit dem Wortlaut nicht einverstanden und verlangten, den Begriff Menschenrechte, der dreimal vorkam, zu streichen. Während die PR-Agentur nun behauptet, Markwalder sei mit den Streichungen einverstanden gewesen, besteht diese darauf, nichts davon gewusst zu haben. Tatsache ist: die Menschenrechte wurden in der Endversion gestrichen und stattdessen die fragwürdige Partei positiv erwähnt.

Obwohl der Vorstoss an sich keine direkten politischen Folgen hat, muss sich die Politikerin vorwerfen lassen, sie sei leichtgläubig und hätte sich unvorsichtigerweise durch dubioses Lobbying fernsteuern lassen. Nachdem nun am vergangenen Wochenende bekannt wurde, dass Markwalder auch Dokumente der aussenpolitischen Kommission über die Agentur dem Auftraggeber weitergegeben hatte, spitzt sich die Situation für die FDP-Frau weiter zu. Sie muss nun befürchten, fürs nächste Jahr nicht wie vorgesehen zur Präsidentin der grossen Kammer gewählt zu werden. Immerhin geht es dabei um nichts weniger als die bewusste Vortäuschung falscher Tatsachen mit dem Ziel, eine missliebige Person auszuschalten: Peruaschew geht es darum, den Exil-Kasachen Viktor Chrapunow auszuliefern, der aus der Schweiz heraus die Zustände in seinem Land anprangert. Die angeblichen Oppositionellen (also de facto die kasachische Regierung) wollen ihm deshalb den Prozess machen.

Es stellt sich insgesamt die Frage, wie weit PR und Lobbying gehen darf und welche Verantwortung dabei Politiker und Lobbyisten haben. Immerhin beteuert nicht nur die Politikerin, ihrer Gutgläubikeit wegen ausgenutzt worden zu sein. Auch die Lobbyistin der Agentur sagt, ihr Auftraggeber sei ihr glaubwürdig erschienen, aber sie hätte ihm gegenüber wohl doch kritischer sein sollen. Dabei weiss man gar nicht, was eigentlich bedenklicher ist: Eine Politikerin, die sich für fragwürdige Zwecke einspannen lässt oder eine Agentur, die vorgibt, davon nichts gewusst zu haben.