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Eine gute Geschichte ist einfach unbezahlbar – sowohl für den Geschichtenerzähler als auch für sein Publikum. Die besten Erzählungen begleiten uns ein Leben lang. Wir lassen uns immer wieder von ihnen entführen und geben sie an unsere Kinder weiter. Sie inspirieren uns zu Veränderung und sind eine kleine Flucht aus dem Alltag. So ist es auch nicht verwunderlich, dass sich die besten unter ihnen millionenfach verkaufen. https://www.die-besten-aller-zeiten.de/buecher/bestseller/meistverkaufte-romane.html

Der Geschichtenerzähler in unserem Kopf

Die Einflussnahme dieser einzigartigen Geschichtenerzähler ist niemandem fremd. Doch der begabteste unter ihnen bleibt seit Anbeginn der Sprache unsichtbar. Nahezu vollständig unerkannt flüstert er uns sein Narrativ ins Ohr, verändert unsere Sichtweisen und manipuliert unsere Entscheidungen, ohne je wirklich in Erscheinung zu treten. Dieser Geschichtenerzähler sind wir selbst.

Die US-amerikanische Autorin und Forscherin Brené Brown beschreibt das Phänomen in ihren beliebten Vorträgen ungefähr so: Der Mensch ist ein Herdentier. Wir brauchen die Gemeinschaft, um zu wachsen und zu gedeihen. Doch in Gemeinschaft (beruflich wie privat) sind wir regelmäßig mit Situationen konfrontiert, die wir nicht vollständig durchdringen oder begreifen können. Vor allem in Konflikten kommen wir fast immer an einen Punkt, an dem wir den anderen nicht verstehen. Denn wir kennen in der Regel nie alle Aspekte eines Konflikts. In Abwesenheit verlässlicher Fakten fangen wir dann an, zu fabulieren. Wir erzählen uns Geschichten, warum sich der andere so verhält, wie er es tut. Diese Geschichten sind oft struppige Zerrbilder, die sich von eigenen Ängsten, Unsicherheiten und alten (meist vergessenen) Erfahrungen ernähren.

Die fantasievollen Geschichten, welche dabei entstehen – charmant auch Shitty First Draft (SFD) genannt –, können uns viele Nerven kosten, wenn wir ihnen nicht den Riegel vorschieben. Welchen Riegel? Wir kommen gleich dazu. Vorab möchte ich noch den unangenehmen Bruder des SFD vorstellen. Dieser richtet sich nicht gegen andere, sondern gegen uns selbst. Denn wir erzählen uns in regelmäßiger Schönheit auch Geschichten über uns selbst, um uns davon abzulenken, dass wir keine Lust auf Fakten über uns oder tiefere Einsichten in unser Wesen haben. Wir halten uns beispielsweise für nicht kompetent genug, kreativ oder jung genug, um „Dinge“ zu tun. Wollen wir diese Negativspirale wirksam durchbrechen, müssen wir uns buchstäblich selbst an den eigenen Haaren aus der Geschichte ziehen.

Es stellt sich also die Frage, wie wir den Geschichtenerzähler in unserem Kopf überlisten. Zunächst müssen wir uns bewusst machen, dass wir nicht genug Fakten haben, um eine fundierte Meinung bilden zu können. Wir wissen schlicht weg nicht, was der andere denkt, denn unsere Sinne enden an unserer eigenen Schädelplatte. Wir können nicht ins Hirn anderer Menschen schauen (und das ist auch gut so). Doch wir können eine Menge anderer Dinge wagen.

Mit Mut und Transparenz fängt es an

Wir gehen auf den anderen zu und führen ein sogenanntes „unangenehmes Gespräch“. Dieses beginnt zunächst einmal mit einer Menge Mut. Denn wir müssen uns ein Herz fassen und Konflikte thematisieren. Das An- und Besprechen eines Konflikts geht am besten, indem wir direkt in den Löwenkäfig gehen und uns der Situation aktiv aussetzen. Dann kontrollieren wir unsere Geschichte, nicht umgekehrt. Zu den wichtigsten Werkzeugen gehören dabei Offenheit und konstruktive Neugier, nicht Aggression und Rechthaberei. Wir erzählen unsere Geschichte und machen einen Fakten-Check:

  • Was ist die Geschichte des anderen?
  • Wo liegen die Unterschiede und Zerrbilder?
  • Was sind Fakten, was ist Fiktion?
  • Welche Emotionen befeuern die Situation?

Am Ende erkennen wir recht schnell, wo wir den Schraubenzieher ansetzen müssen und welche Lektionen wir lernen können und sollten. Diese Technik lässt sich wunderbar in alle Bereiche unseres Lebens integrieren – ob beruflich, in der Familie, in der Ausbildung oder mit Freuden. Wir beginnen immer mit Offenheit, Neugier und Empathie. Dann haben die Trugbilder in unserem Kopf nur wenig Chance, uns das Leben zu vermiesen.