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Mit der beruflichen Weiterbildung ist es ja so eine Sache: Einerseits hängt der Thematik ein recht negatives Image an. Wer Worte wie „Fortbildung“ oder „Schulung“ hört, denkt schnell an langweilige Seminare und Workshops in irgendwelchen miefigen Räumlichkeiten. Einziger Lichtblick hierbei ist meist, vom Arbeitgeber ein Hotelzimmer bezahlt zu bekommen. Gleichzeitig entsprechen ständige Weiterbildung und Selbstoptimierung, um den beruflichen Herausforderungen gerecht zu werden, voll dem Geist der Zeit. Wer nicht bereit ist, sich weiterzuentwickeln und mit seinen Kenntnissen am Ball zu bleiben, hat praktisch schon ausgedient. Doch wie vermittelt man Know-how und Fähigkeiten, ohne Lehrveranstaltungen?

Der E-Learning-Boom

Eine Option, die schon seit Jahren bestand, aber erst im Zuge der Corona-Pandemie den endgültigen Durchbruch schaffte, ist das sogenannte E-Learning. Hierbei werden, beispielsweise in Form von PDF-Readern oder Videos, alle nötigen Informationen online zur Verfügung gestellt. Der oder die Lernwillige hat anschließend nur noch die Aufgabe, sich diese eigenverantwortlich zu Gemüte zu führen. Abhängig von Zeit und Motivation kann dann so viel (oder wenig) gelernt werden, wie man möchte. Im universitären – und neuerdings auch schulischen – Umfeld ist hierfür etwa die Plattform „Moodle“ beliebt. Wer mit einem derartig großen Entscheidungsspielraum nicht umgehen kann, ist aber womöglich mit einem Webinar besser beraten. Nicht nur erzeugen solche digitalen Präsenzveranstaltungen einen höheren sozialen Druck, sich aktiv einzubringen – die Möglichkeit, Nachfragen zu stellen räumt auch diverse Missverständnisse aus dem Weg, bevor sie zum Problem werden.

Die Vorteile liegen also auf der Hand, und dementsprechend hat mittlerweile so gut wie jede Volkshochschule und Handelskammer Online-Angebote in petto. Bei den Tech-Unternehmen aus den USA war man aber wie immer schneller dran. Die selbsternannte „Online Learning Community“ Skillshare bietet bereits seit zehn Jahren unzählige Kurse zu verschiedenen Schwerpunkten an. Zwar liegt der Fokus eher auf kreativen Tätigkeiten – Anleitungen zum Zeichnen, Schreiben und Co. machen ein Großteil der Videos aus – doch auch handfestere Kenntnisse, beispielsweise zu Marketing oder Webdesign, sind verfügbar. Ebenfalls seit mehreren Jahren finden sich diverse Kursangebote in der „Zukunftswerkstatt“ von Google. Deren Zielgruppe sind vor allem Kleinunternehmer, die etwas Neues für ihren Online-Auftritt lernen möchten. Da über die Plattform auch Drittanbieter ihr Wissen zur Verfügung stellen können, findet sich jedoch auch die ein oder andere Skurrilität.

Schwankende Qualität

Beim Durchforsten der Kurse der Zukunftswerkstatt, sticht einem schnell die schwankende Qualität ins Auge. Während die Angebote von Google selbst durchaus interessante Themen behandeln und mit ansprechender Aufmachung glänzen, unterwältigt der sonstige Content immer wieder mit irrelevanten Inhalten und uninspirierter Präsentation.

Zum Vergleich:

Der offizielle Google-Kurs zu den „Grundlagen des Online-Marketings“ umfasst ganze 26 Lektionen, die auf verschiedene Facetten wie SEO oder Social Media eingehen und jeweils mit einem kurzen, aber nicht zu einfachen Test enden. Zugegeben, ist man eh schon in der PR-Branche tätig, lernt man hier nicht wahnsinnig viel neues. Für Selbstständige und Kleinunternehmer, die sich im Netz besser vermarkten möchten, lohnt sich das Ganze aber sicherlich.

Das krasse Gegenteil hierzu sind lieblos zusammengestellte Kurse mit schwammigen Versprechen wie „Effizienzsteigerung“, „Zielverwirklichung“ oder ähnlichem. In kurzen Videos werden einem völlige Selbstverständlichkeiten erzählt (wichtige Aufgaben sind wichtiger als unwichtige / bevor man etwas tut, sollte man überlegen, was man tun will / etc.) und der anschließende Test – der diesen Namen nur mit zwei zugekniffenen Augen verdient – lässt sich auch nachts um drei im Vollrausch bestehen.

Die Krux mit den Coaches

An diesem Beispiel zeigt sich sehr anschaulich ein allgemeines Problem. Denn schon bevor Weiterbildungen größtenteils im Netz stattfanden, konnte man ihre Inhalte meist in eine von zwei Kategorien einordnen: Auf der einen Seite Veranstaltungen, die wirklich nützliches Wissen und sinnvolle berufliche Fertigkeiten vermitteln. Auf der anderen substanzloser Selbstverwirklichungszirkus.

Ich gebe zu, womöglich ist diese Einschätzung meinerseits nicht ganz fair. Bestimmt haben einige der unzähligen Motivationstrainer, Systemischen Coaches und Achtsamkeitsprediger schon Menschen geholfen. Und ich möchte auch gar nicht behaupten, dass alles davon völliger Humbug ist – aber eben doch ein Großteil. Das Problem sind hier nicht etwa ausgebildete Psychologen, die ihre Methoden mit geprüften wissenschaftlichen Erkenntnissen unterfüttern und daraus Handlungsanweisungen für den Berufsalltag ableiten. Vielmehr ärgere ich mich über windige Schlangenölverkäufer, die ihren Zuhörern eine Mischung aus Allgemeinplätzen und glatten Lügen vorsetzen. Neben dem meist unerträglich selbstbewussten Auftreten dieser Gestalten fällt hierbei besonders das regelrecht esoterische Vertrauen in die Macht des menschlichen Geistes ins Gewicht. Man müsse ja nur fest an sich glauben und die eigenen Ziele visualisieren, dann würde einem der Erfolg nur so zufliegen. Der düstere Umkehrschluss aus dieser Denke folgt auf dem Fuß: Wer es nicht packt, ist wohl mental einfach zu schwach. Dass äußere materielle Umstände Einfluss auf das eigene Leben haben könnten, wird bei so einer Weltanschauung nicht in Betracht gezogen. Man muss nun wirklich kein Marxist sein, um die Löcher in dieser Ideologie zu erkennen…

Inhalte sind entscheidend

Wie bereits erwähnt, sind auch Online-Fortbildungen nicht vor Scharlatanen dieser Art gefeit – im Gegenteil, die hohe Zugänglichkeit der Internetangebote macht es ihnen eher noch einfacher. Besonders in den sozialen Medien verschwimmen zunehmend die Grenzen zwischen ernstgemeintem Coaching und schlichtem Trickbetrug. Andererseits haben diese niedrigen Hürden auch Vorteile. Die Option einfach von zuhause an einem Schulungsprogramm teilzunehmen, erlaubt auch Menschen ihren beruflichen Horizont zu erweitern, denen dies zuvor aufgrund körperlicher Behinderungen oder psychischer Erkrankungen nur schwer möglich war. Das vorläufige Fazit zum Thema „Digitale Weiterbildung“ muss also wohl lauten: Vorteile und Nachteile halten sich die Waage. Und am Ende entscheiden eben doch die Inhalte und nicht die Darreichungsform über die Qualität.