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Vor Kurzem von der IHK Ulm ausgezeichnet und mit einer Urkunde belohnt – die Press’n’Relations besteht nun seit 20 Jahren, und das mit dir als Geschäftsführer. Denken wir zurück: das Jahr 2001. Gerhard Schröder leitete die Geschicke der deutschen Politik, der erste iPod erblickte das Licht der Welt und natürlich das Ereignis des Jahres: Die australische Fußballmannschaft gewann ein FIFA-Fußballspiel gegen Amerikanisch-Samoa mit dem Rekordergebnis von 31:0. Und neben all diesen Schlagzeilen hast du deine eigene Agentur gegründet. Würde man die Zeit um 20 Jahre zurückdrehen: Würdest du das nochmal wagen?

In jedem Fall. Ich habe beide Seiten des Schreibtischs kennengelernt, war Journalist beim Radio und Kommunikationschef in einem Softwarehaus. Als Journalist musst du dich mit ganz vielen Dingen beschäftigen und kratzt oft an der Oberfläche. Als Kommunikator eines Unternehmens bist du recht eindimensional auf das Unternehmen ausgerichtet. Die PR-Arbeit verbindet beide Welten, sodass man sich mit vielen verschiedenen Themen auseinandersetzen kann – natürlich nicht alle auf einmal. Man kann die Themen in die Tiefe begleiten, und damit wird es nie langweilig.

Jetzt hast du ja erzählt, dass du zuvor eher eingleisig in einem Unternehmen tätig warst. Das ist natürlich schon etwas anderes, als viele verschiedene Themenbereiche in einer Agentur zu begleiten. War viel Unterstützung und lange Planung gefordert oder hast du den Entschluss eher spontan gefasst?

Der Entschluss stand eigentlich relativ schnell fest. In meiner vorigen Firma war der Generationswechsel gescheitert, weswegen ich in einer Stabsstellenfunktion zwischen den Stühlen saß. Da lag es nahe, sich zu überlegen, nochmal etwas anderes im Leben zu machen. Ich war in Kontakt mit Tobias Heimpel, dem Chef der Projekt:Agentur, bei der ich damals Kunde war. Dieser versuchte schon lange, den Bereich PR aufzubauen. Kurzerhand haben wir uns zusammengesetzt und beraten, bis wir eine Abmachung trafen: Ich betreibe für ihn die PR-Schiene, aber als eigene Firma, wobei er Mitgesellschafter und Partner ist. Und so ist es bis heute.

Trotz aller Unterstützung und Planung ist es natürlich immer ein großes Wagnis, eine Agentur zu gründen. Allerdings kommen die Herausforderungen meistens erst mit der Zeit. Was würdest du sagen, waren die größten? Welche Steine wurden dir in den Weg gelegt?

Das ist recht schwierig zu beantworten. Denn eigentlich hat sich das eine aus dem anderen entwickelt und ergeben. Die größte Hürde kam eigentlich erst im letzten Jahr: die Pandemie. Eine andere große Herausforderung ging mit der Gründung unserer Softwaretochter Pressfile einher. Diese stellt die PR-Software her, die wir selbst in der Agentur von Anfang an verwendet haben. Gemeinsam mit dem amerikanischen Entwickler haben wir 2009 eine Firma gegründet, um die Software auch in Europa zu vertreiben, die PressFile Europe GmbH. 2009 war aber das Jahr, in dem keine PR-Abteilung Geld für eine neue Software hatte, weil Finanzkrise herrschte.

20 Jahre Press'n'Relations" überreicht Lorena Grüner von der IHK Ulm dem Agenturgründer Uwe Pagel eine Urkunde.
Anlässlich der Jubiläums „20 Jahre Press’n’Relations“ überreicht Lorena Grüner von der IHK Ulm dem Agenturgründer Uwe Pagel eine Urkunde.

Die Herausforderungen hast du gemeistert, aber auf welchen Erfolg bist du am stolzesten?

Der größte Erfolg ist, dass die Agentur auch ohne mich funktioniert. Ich habe es tatsächlich geschafft, eine Firma aufzubauen, deren Mitarbeiter auch bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Das habe ich besonders erlebt, als ich vor einigen Jahren aufgrund einer plötzlichen Krankheit sofort ins Krankenhaus musste und für drei Monate ausgefallen bin. Dabei haben meine Kunden zwar gemerkt, dass ich nicht da bin. Aber das hatte zu keiner Zeit eine negative Auswirkung. Meine Kolleginnen und Kollegen haben meine Aufgaben mit auf ihre Schultern genommen und kein Kunde wurde deswegen vernachlässigt. 

Der Stolz geht also hauptsächlich auf dein Team zurück. Viele verantwortungsbewusste und langjährige Mitarbeiter, die schon über zehn Jahre bei PnR arbeiten. Im Allgemeinen herrscht in der Agentur ja eine geringe Fluktuation. Was glaubst du ist der Grund dafür?

Also da müsste man vielleicht die Kollegen und Kolleginnen selbst fragen. Aus meiner Sicht ist ein Grund, dass wir eine sehr flache Hierarchie haben. Der eine hat mehr Erfahrung, der andere weniger – man lernt voneinander. Außerdem übernimmt jeder viel Verantwortung und betreut seine eigenen Kunden, von der Wiege bis zur Bahre. Also vom Konzept bis gegebenenfalls zur Mahnung. Dabei weiß jeder, wieviel Umsatz er erwirtschaftet. Alles ist transparent und damit ist im Grunde genommen die volle Selbstverantwortung für jeden gegeben.

Nun hast du als Geschäftsführer in langjähriger Zusammenarbeit mit den Kollegen ja Höhen und Tiefen erlebt und jede Menge Erfahrungen gesammelt. Was würdest du als Experte sagen, sind die Kriterien für den Erfolg einer PR-Agentur? 

Das wichtigste Kriterium sind glückliche Kunden. Sie sollten aber nicht nur zufrieden sein, sondern auch Spaß an der Zusammenarbeit haben. Umgekehrt muss es uns natürlich auch uns Freude bereiten, mit dem Kunden zu arbeiten. Dann funktioniert es eigentlich von selbst und dann hat eine Agentur Erfolg. Von Kunden, die man mit Zähneknirschen betreut, sollte man sich gegebenenfalls auch trennen. Denn dabei kommt gewöhnlich nicht viel rüber und am Ende des Tages stimmen die Ergebnisse nicht. Für mich ist der Spaß auf beiden Seiten entscheidend.

Also ist das Grundkriterium immer dasselbe. Trotzdem entwickelt sich die Branche ja auch. Welche Veränderungen sind dir, zum Beispiel im Zuge der Digitalisierung, am meisten aufgefallen?

Also wenn wir früher – Anfang der 2000er – eine Aussendung vorbereiteten, dann bedruckten wir erstmal 400 Blatt Papier, mit Anschreiben und allem Drum und Dran waren das dann 1.200. Das war früher gang und gäbe. Diese wurden per Hand gefaltet und in Briefumschläge eingetütet. Immerhin besserte sich das ein wenig, als wir uns eine Falzmaschine zulegten. Aber E-Mails waren die absolute Ausnahme. Damals wollten Journalisten Bilder und Texte auf Papier. Das hat sich komplett gewandelt. Unser Papierverbrauch ist von Zehntausenden Blättern im Jahr auf fast Null gesunken. Und die Digitalisierung hat sich auch in allen Bereichen durchgesetzt. Wir sind heute in der Lage, alles digital und browserbasiert zu erledigen, und werden diesen Pfad egal wann und wo auch weitergehen. Denn nur so kann man sich auf das Wesentliche – die Inhalte der PR-Arbeit – konzentrieren.

Nach 20 Jahren kennt man Höhen, Tiefen und sogar die großen Veränderungen. Wird es dann nicht irgendwann langweilig immer das Gleiche zu tun?

Wir sind ja in Märkten unterwegs, die sich sehr stark und ziemlich schnell wandeln. Sei es die IT-, Energie- oder auch die Logistikbranche. Sie alle sind von der Digitalisierung durchzogen. Man kann sich also sicher sein, dass der Wandel anhält und man auch nach 20 Jahren immer wieder etwas Neues lernen kann.

Gab es denn neben all der Professionalität auch sonderbare Anfragen, die dich zum Lachen gebracht haben?

Einmal hat sich ein Verband an uns gewandt, der Lobby-Arbeit für Atomenergie macht. Da mussten wir schon schmunzeln und dann auch relativ schnell ablehnen. Daneben gab es eine polnische Firma, die mit Glyphosat in Pflanzenschutzmitteln auf den deutschen Markt wollte. Also ein Unkrautvernichter, von dem ich ganz genau wusste, dass er hierzulande in drei Jahren sowieso verboten sein wird.

Man kann es nicht nur selbst vermuten, sondern auch die Kollegen bestätigen das: Humor hattest du schon immer. Aber glaubst du, dass dich die Zeit bei PnR verändert hat? Macht es etwas mit einem, so lange in der PR tätig zu sein?

Das macht sicher was. Es ist immer ein Unterschied ob, man als Angestellter oder Unternehmer arbeitet. Man denkt anders über die Dinge nach, denn man trägt Verantwortung für eine Menge Leute, die nicht nur leben wollen, sondern auch gerne arbeiten wollen. Genau diese Herausforderungen beschäftigen mich noch immer.

Gibt es noch ein Fazit zu deinen Erlebnissen und Erfahrungen oder vielleicht auch etwas, das du den Leuten mit auf den Weg geben möchtest?

Es gibt eine Sache, die ich ganz am Anfang als Hospitant bei einer Tageszeitung gelernt habe. Damals hat mir die Redakteurin erklärt: Ein Artikel ist zu Ende, wenn er zu Ende ist. Es braucht kein Fazit und keinen Schlusssatz. Die Geschichte ist erzählt, wenn sie erzählt ist.

Die Fragen stellte Susanne Horvat.