Ich gebe zu: Als TikTok 2018 auf dem Social Media-Bildschirm erschien, habe ich die Videoplattform für Tanz- und sogenannte Lip-Sync-Videos zunächst nur milde belächelt. Und wenn man den Blogbeitrag meines doch deutlich jüngeren Kollegen Christoph Buck liest, dann war ich wohl nicht die einzige. Aber wer sich mit dem Thema Social Media beschäftigt, weiß, hier kann sich der Erfolg quasi über Nacht einstellen. So auch bei TikTok: Weltweit nutzt mittlerweile etwa eine Milliarde Menschen diese Plattform, allein in Deutschland sind es mehr als 11 Millionen. Natürlich ist die Zielgruppe jung – der durchschnittliche Nutzer ist Mitte 20 – aber für Unternehmer und Marketingfachleute ist TikTok somit längst eine interessante Alternative zu Facebook & Co. Zunächst wegen mangelndem Datenschutz kritisiert, hat das chinesische Unternehmen, das hinter TikTok steht, einiges richtig gemacht:
Landeschefs installieren
Im Oktober wurde mit Tobias Henning, Jurist und ehemaliger Springer-Mann, in Deutschland der erste General Manager für TikTok bekanntgegeben – und der übt sich fleißig in Transparenz. So gab er erst jüngst der ZEIT ein ausführliches Interview, in dem er auf den Algorithmus ebenso eingeht, wie auf Moderatorenteams und begangene Fehler. Das schafft Vertrauen und ganz nebenbei lernen Leser noch, dass TikTok keine Social Media-, sondern eine Content-Plattform ist. Aha.
Schlaue Partnerschaften eingehen
2020 wurde sie angekündigt und im Februar 2021 war sie tatsächlich schon nutzbar: die Partnerschaft zwischen Shopify und TikTok. Für Unternehmen ist dies sozusagen der wahrgewordene Traum. Denn sie können nun direkt in Shopify Werbekampagnen auf TikTok erstellen, Zielgruppen ansprechen und die Ergebnisse messen. Sogenannte In-Feed-Videoanzeigen werden auf diesem Weg den TikTok-Usern ohne großen Aufwand präsentiert. Wer denkt, das nutzen nur kleine Boutiquen um die Ecke, der täuscht sich: Große Marken wie Fielmann, Volkswagen oder der Schokoladen-Riese Lindt sind längst auf Shopify vertreten – und so nun auch auf TikTok zu finden.
Zeitsparende Features installieren
Die Betreuung von Social Media- (und Content-)Plattformen kostet Zeit. Wie wäre es, wenn immer wiederkehrende Arbeiten einfach automatisiert wären? TikTok bietet mit der Funktion „Autoreply Feature“ genau das an. Basierend auf Keywords, können die Betreiber von Business Accounts – natürlich gibt es auch die schon – auf Anfragen ohne Aufwand reagieren. Dieser Service geht weit über die bekannte Willkommensnachricht hinaus: Wird beispielsweise in einer Nachricht das Keyword „Preis“ erwähnt, kann das Unternehmen standardisierte Antworten zur Preisspanne hinterlegen. Für Fragen nach generischen Informationen ist das zwar eine komfortable Lösung, vor der Prüfung eingehender Nachrichten schützt diese Funktion aber nicht. Schließlich ist kein Algorithmus fehlerfrei.
Personalisierte Werbung einsetzen
Von folgender Neuerung sind TikTok-User in Europe nur bedingt betroffen: Ab dem 15. April 2021 wird personalisierte Werbung auch auf dieser Plattform zum Standard. Derzeit kann man diese Funktion noch ausschließen, doch das hat bald ein Ende. Das Unternehmen beteuert derzeit, dass es weiterhin möglich bleibe, Anzeigen zu deaktivieren – aber so richtig davor geschützt sind wir nur in Europa. Die europäische Datenschutz-Grundverordnung macht in diesem Zusammenhang einen „Opt-in“ verpflichtend, das bedeutet: Nutzerinnen und Nutzer müssen in personalisierte Werbung bewusst einwilligen.
Die Entwicklung bei TikTok geht in rasender Geschwindigkeit voran. Nach nicht einmal drei Jahren bietet die Plattform erstaunlich viel Optionen. Für Marketing-Manager mancher Unternehmen hat TikTok sicher schon die gleiche Relevanz wie Instagram, Twitter oder Facebook. Wie immer im Leben, muss die Liaison aber passen und ich gebe auch heute noch Christoph Recht, der in seinem zweiten Beitrag zu folgendem Fazit gekommen ist: In der Kommunikation für den B2B-Bereich spielt TikTok keine große Rolle, ganz anders schaut es für B2C aus – noch. Wir beobachten weiter und wer weiß, was man sich bei TikTok noch so alles einfallen lässt.
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