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»Wie wird es weitergehen mit der deutschen Sprache in den deutschen Medien?« – Diese Frage stellte ich mir unlängst, als ich vom Tod des Jounalisten, Moderators und Sprachkritikers Wolf Schneider am 11. November 2022 erfuhr. Wird dort in Zukunft mit zunehmenden Schlampereien und Verschlechterungen im Stil zu rechnen sein?

Denn darin war er ein strenger Lehrer – nicht nur in seiner Zeit als Leiter der Henri-Nannen-Journalistenschule in Hamburg. Auch Jahrzehnte später wurde er nicht müde, jede Sprachschlamperei aufzuspießen – in Form von Sachbüchern, Kolumnen, Vorträgen und Interviews. Professorenprosa mit ihren Schachtelsätzen verabscheute er. Ob er diese zeilenzehrende Eigenart Heinrich von Kleist, Marcel Proust, Robert Musil oder Thomas Mann verziehen hätte? In Belletristik oder Sachbuch vielleicht schon, aber wohl nie in einem Zeitungsartikel*. Denn hier zähle assoziations- und wertungsfreie Berichterstattung über das, was geschehen ist.

Nach Wolf Schneiders Credo wird diesem Auftrag nur eine den Tatsachen verpflichtende Sprache gerecht, die genau beschreibt und lebendig erzählt, was sich zugetragen hat. Dem dienen einfache und zweckmäßige Begriffe, möglichst adjektivlose wie aktive Verbalsätze sowie lebendige und von den Lesern leicht nachvollziehbare Beschreibungen oder Vergleiche. Aufgeblasene Wortungetüme, wie »Gefahrenpotenzial«, »gezielte Maßnahmen«, »qualitativ hochwertig« oder »zur Anzeige bringen« waren ihm genauso ein Gräuel wie die leeren Begriffshülsen, »Aktivitäten« oder »Bereiche«. Einfacher und nicht weniger zutreffend seien stattdessen »Gefahren«, »Maßnahmen«, »hochwertig« oder »anzeigen«. Ebenso reiche statt »Veränderungen im IT-Bereich« einfach »Veränderungen in der IT«. Und wenn tatsächlich etwas aktiv unternommen wird, empfehle es sich, diese Aktionen möglichst konkret zu benennen. Aber bitte dann keine »Beratungsaktivitäten«!

Was wird nun werden mit dem journalistischem Stil in deutschen Medien? Dominieren demnächst hippe Werbetexte, substantivsattes BWL-Deutsch oder verordnetes Gender-Sprech? Trost und Zuversicht geben die zahlreichen Journalistinnen und Journalisten von der WELT und FAZ über SZ bis zum SPIEGEL und der taz. Sie sind durch Wolf Schneiders Ausbildung gegangen und ließen sich von der Schärfe seiner kritischen Bemerkungen nicht abhalten, von ihm zu lernen: unvoreingenommen hinschauen, genau beschreiben, redlich bleiben und unterhaltsam sein. Ich gebe zu, auch ich hätte so meine Probleme im Unterricht samt Stahlgewitter-Kritik dieses konservativen Knochens gehabt. Aber im Gegensatz zu manchen anderen, die heute »irgendwas mit Medien bzw. Kommunikation« machen, bewies er Klarheit in Profil und Haltung. Und dabei war er ähnlich unterhaltend wie Marcel Reich-Ranickik in den legendären Zeiten des »Literarischen Quartetts«. Erleben kann dies, wer seine kurzen Beiträge auf TikTok – jawohl: TikTok! – erlebt, die er zusammen mit der Webakademie reporterfabrik produziert hat.

Wo immer er jetzt auch sein mag: Redakteurinnen und Redakteure der Himmel-Presse oder der Höllen-Post: Zieht Euch warm an!

* Zur Orientierung riet er seinen Schülerinnen und Schülern – bevor sie auch nur ihre erste Meldung in die Zeitung bringen – zur Lektüre von Shakespeare, Nietzsche, den jungen Karl Marx und Sigmund Freud.


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