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Kurz vor der Europawahl: Ein Spitzenpolitiker aus einem unserer Nachbarländer wird in einem Video als – sagen wir mal – unanständiger Prolet mit Allmachtsphantasien geoutet. Jetzt gehört dieser auch noch einer Partei an, die sich selbst als nominell liberal bezeichnet, jedoch eher als rechtspopulistisch einzustufen ist. Da mag beim einen oder anderen unter dem ständigen Einfluss von „Fake News“ der Eindruck entstehen, die Medien würden gezielt Stimmung machen. Das chronische „Mimimi“ aus dem rechten Lager kennen wir ja, aber wie sieht die rechtliche Lage denn tatsächlich aus? Darf ein Journalist solch ein brisantes Material denn überhaupt veröffentlichen? JA! Er muss es – nach sorgfältiger Prüfung – sogar!

Von Rechten und Pflichten des Journalismus

„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“ 

So steht es in Paragraph fünf des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Schaut man sich die Berichterstattung in Ländern an, in denen die Presse einer Zensur unterliegt, wird schnell klar: Die Pressefreiheit ist ein wichtiger Bestandteil der Demokratie. Die Medien haben in diesem Zusammenhang eine Kontrollfunktion – zumindest die Publikationen, Radio- und Fernsehsender sowie Netzportale, die eine solche Funktion gewissenhaft und respektvoll erfüllen. 

Dürfen sich Journalisten denn nun alles erlauben? Nein, natürlich nicht. Ihre Pflicht ist es, Informationen objektiv zur Verfügung zu stellen. Im aktuellen Fall bedeutet dies, nur die Szenen aus dem Video zu zeigen, die für die Berichterstattung relevant sind. Die veröffentlichten Mitschnitte zeigen lediglich auf, wie ein Politiker äußerst gewissenlos mit geschäftlichen und politischen Interessen umgeht. Aus Aufnahmen mit einer Gesamtdauer von mehr als sechs Stunden wurden also nur die Passagen gezeigt, die in direktem Zusammenhang mit seiner Funktion als hochrangiges Mitglied einer Regierung stehen. Die Öffentlichkeit – und insbesondere die Wähler – haben ein gutes Recht, über solche Machenschaften aufgeklärt zu werden.

Ein hohes Gut: der Quellenschutz

Dieser Politiker, der nicht ganz freiwillig eine Film-Hauptrolle ergattert hat, spricht nun davon, in eine Falle gelockt worden zu sein, und wo das Filmmaterial herkommt, wissen auch nur ein paar wenige Akteure in den Redaktionen des Spiegels und der Süddeutschen Zeitung. Ist das nicht rechtswidrig? Wer die aktuelle Berichterstattung zu diesem Fall verfolgt, weiß, welche Diskussionen hierzu geführt werden. Doch die Rechtslage ist eindeutig: Auch Informationen, die rechtswidrig oder durch Täuschung beschafft wurden, fallen in den Schutzbereich der Pressefreiheit. So hat es das Bundesverfassungsgericht 1984 in der sogenannten „Wallraff-Entscheidung“ judiziert. Die Voraussetzung ist, dass „die Bedeutung der Informationen für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und die öffentliche Meinungsbildung einseitig die Nachteile überwiegt, welcher der Rechtsbruch für den Betroffenen und für die Rechtsordnung nach sich ziehen.“ Für den „Filmstar“ bedeutet das: Pech gehabt. Aber wer hat denn nun das brisante Filmmaterial erstellt und den Journalisten zukommen lassen? Ist die Redaktion nicht verpflichtet, Quellen zu belegen? Nicht zwingend. In Fällen wie diesen kann sie vom Quellen- und Informationsschutz Gebrauch machen und den oder die Informanten geheim halten.

Demokratie bedeutet, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht. Das setzt aber voraus, dass die Bevölkerung über alle Informationen verfügt – insbesondere die, die sie benötigt, um sich eine eigene (politische) Meinung zu bilden. Ohne eine freie Presse nicht denkbar, auch wenn es für manche Akteure in der Politik dann mal unangenehm wird.