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Wo sind denn all die Regenbogenlogos hin? – Diese Frage stellte ich mir kürzlich, als ich durch meine Social-Media-Feeds scrollte. Noch vor wenigen Wochen, während des „Pride Months“ Juni, erstrahlte vom ikonischen Kraftwagenstern aus Cannstatt bis hin zum Bayer-Kreuz jedes relevante Firmensignet der Republik in bunter Streifenoptik. Doch pünktlich zum ersten Juli war der Spuk auch wieder vorbei. Scheinbar war ein stiller Ruf durch die PR-, Marketing- und Social-Media-Abteilungen des Landes gegangen: „So, reicht jetzt auch wieder!“ Und so verschwand die Farbe von heute auf morgen wieder aus den Facebook-Bannern und Twitter-Headern.

Was ich hier – zugegeben etwas überspitzt – beschreibe, wird auf Neu-Deutsch gerne als „Pinkwashing“ bezeichnet. Ein Unternehmen signalisiert, etwa durch ein geändertes Profilbild oder eine schwammige Stellungnahme, grundsätzliche Solidarität mit den Wünschen und Zielen der LGBTQ-Gemeinde, ohne dafür auch nur ansatzweise einen finanziellen oder materiellen Beitrag leisten zu müssen. Schlimmstenfalls klopfen sich am Ende alle Beteiligten auf die Schultern und beglückwünschen sich zur eigenen Progressivität, während das jeweilige Unternehmen weiterhin beste Kontakte zu Staaten, Parteien und Organisationen unterhält, die Menschenrechte mit Füßen treten – oder dies gleich selbst tut.

Auf jede soziale Frage eine unbefriedigende Antwort

Pinkwashing fügt sich somit nahtlos in die erschreckend lange Liste der unternehmerischen „Weiße Weste“-Tricks. Das Greenwashing ist hierbei sicherlich die geläufigste Variante. Man mag sich das in etwa so vorstellen: Ein Konzern mit dem Energieverbrauch und Abgasausstoß einer kleinen Industrienation pflanzt 500 Bäume, verpackt seinen „Artenvernichter 3000™“ jetzt in braune Papiertüten und malt sich ein grünes Blatt ins Firmenlogo. Damit sind sämtliche Fragen hinsichtlich der ökologischen Konsequenzen geklärt – und wer jetzt noch nachhakt, wird als unverbesserlicher Nörgler und Fortschrittsverweigerer dargestellt.

Vergleichbares Vorgehen findet sich bei praktisch jedem Thema von gesellschaftlicher Relevanz. Egal worum es geht, der Tenor bleibt immer gleich. Es wird doch schon etwas gemacht, irgendwann muss auch mal genug sein. Kostprobe gefällig?

Sexismus: „Ach was, wir haben eine Frau im Vorstand und auf den Toiletten gibt es einen Tampon-Spender!“

Rassismus: „Wir doch nicht, in unserem Call-Center arbeiten ganz viele Inder und auf der Mitarbeiterzeitung war letztens eine Frau mit Kopftuch!“

Tierschutz: „Unser Team von my-billigwurst.de legt größten Wert auf artgerechte Haltung und…“

Mehr als leere Worte

Wenn die letzten Monate und Jahre jedoch eines gezeigt haben, dann dass solche Strategien – wenn überhaupt – nur kurzfristigen Erfolg versprechen. Früher oder später stellt sich der schwule, schwarze oder umweltbewusste Kunde eben doch die Frage, wie ernst Firma XY ihr „Engagement“ für die gute Sache nimmt. An diesem Punkt trennt sich schließlich die sprichwörtliche Spreu vom Weizen. Dass es eben jenen Weizen auch gibt, möchte ich an dieser Stelle gar nicht verschweigen. Nicht wenige Unternehmen unterfüttern ihre verbale Unterstützung für bestimmte soziale Zwecke mit beträchtlichen finanziellen Mitteln, die sie etwa entsprechenden Vereinen und NGOs zukommen lassen. Und auch innerhalb der Firmenstrukturen selbst kann ernstgemeinter Einsatz schnell eindrucksvolle Früchte tragen. Entscheidend hierfür ist, dass gute Ideen und Initiativen für Verbesserungen auf allen Ebenen des Unternehmens gehört sowie tatkräftig umgesetzt werden.

Passiert dies hingegen nicht, erkennt eine interessierte und engagierte Öffentlichkeit schnell, wie der Hase läuft. „Lügen haben kurze Beine“ sagt bekanntlich der Volksmund und das trifft auch auf das mittlerweile allgegenwärtige Thema „Corporate Responsibility“ zu. Niemand wird einem Zigarettenhersteller eine Lungenkrebs-Awareness-Kampagne abnehmen und genauso wenig wünscht sich irgendjemand, dass ein Rüstungskonzern ein Statement gegen Waffengewalt abgibt. Am Ende gilt also auch hier die alte PR-Faustregel: Glaubwürdigkeit ist Trumpf.