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Der Killerpilze-Frontmann, Jo Halbig, hat schon früh am eigenen Leib erfahren, dass es Musik nicht von alleine in die Öffentlichkeit oder in die Radios der richtigen Hörer schafft. Denn damit Musik gehört wird, muss aktiv etwas dafür getan werden. Wie das in der Musik-PR gelingt und welche Kommunikationsstrategien hierbei angewandt werden, erzählt uns der Band-Coach, Manager und nun auch Inhaber der Musik-PR-Agentur Superlifepromo im Interview.

Sag mal, Jo – wie bist du darauf gekommen deine eigene PR-Agentur zu gründen?

Bereits zu Beginn unserer Karriere – mit gerade mal 13 Jahren – hatte ich eine gewisse Affinität zur Promotion von Musik. So habe ich regionale Zeitungen durchgeblättert und recherchiert, in welchen Zeitschriften Vorbilder wie Die Toten Hosen thematisiert wurden und an wen man eigene – damals noch – CDs schicken muss.Ich hatte schon ein Gefühl dafür, was PR ist, ohne wirklich zu wissen, was alles dazugehört. Das bedeutet aber nicht, dass es auch immer gut funktioniert hat (lacht). Irgendwann habe ich dann angefangen Kommunikationswissenschaften zu studieren. Das dazugehörige Praktikum machte ich bei einer Musik-PR-Agentur, die unter anderem Depeche Mode im deutschsprachigen Raum promotet hat. Mein Interesse, die Killerpilze in der Medienarbeit zu unterstützen, war nach der Trennung von unserem Major Labels wieder da. Deshalb habe ich Superlifepromo 2011 gegründet. Es war mir allerdings lange Zeit unangenehm, als Musiker noch einen anderen Verdienst zu haben, weshalb nur wenige Leute davon wussten. Erst 2019 kam der Entschluss, das Business richtig aufzuziehen und somit andere Musiker als All-in-One-Agentur bei der Medienarbeit zu unterstützen. Die Resonanz war dann sehr positiv und mittlerweile habe ich drei feste sowie drei freie Mitarbeiter.

Was unterscheidet Musik-PR von klassischer Marken- oder Produkt-PR?

Es gibt wesentliche Unterschiede, vor allem im Budget. Wenn jemand PR für große Marken macht, reden wir da von ganz anderen Summen. Außerdem ist Musik-PR für mich viel kleinteiliger und personalisierter, da jeder Künstler komplett verschieden ist. Klassische Produkte sprechen Leute auch über klassische Wege an: Print-Anzeigen, Radio und TV-Spots, Online-Kampagnen. Musikkonsumenten hören jedoch nicht mehr so häufig Radio oder schauen fern. Der Markt ist darüber hinaus überschwemmt von neuen Künstlern sowie Infos, deshalb ist es auch schwierig über Social-Media-Kanäle herauszustechen. Man muss sich ständig etwas Neues einfallen lassen und zum Beispiel interessante Geschichten über die Alleinstellungsmerkmale der Künstler erzählen, die dann spezielle Redakteure ansprechen. Alleine die Beschreibung eines Songs reicht da nicht mehr aus. Das macht die PR-Arbeit herausfordernd und spannend.

Inwiefern hat sich die Medienarbeit in der Musik-PR geändert im Vergleich zu früher?

Musik in die Medien zu bekommen ist generell viel schwieriger als früher. Selbst wenn du Radio-Airplay bekommst oder die Musikpresse über dich berichtet, hat das nicht mehr diesen Anstoß-Effekt wie früher. Wenn du damals bei VIVA erst in der N-Rotation gelistet wurdest, wussten alle sofort: „Wir schaffen es in die nächste Top 20 der deutschen Charts“ und konnten diesen Erfolg bereits feiern. Oder wenn man es auf den Titel der BRAVO geschafft hat, wurden in der Woche 500.000 Leser erreicht – heute liegt die Auflage nur noch bei rund 91.000. Eventuell haben Musiker solch einen Effekt noch, wenn sie in der Jury von The Voice of Germany sitzen, aber wie viele schaffen das schon? Deshalb muss man gute und manchmal auch hartnäckige Arbeit in der Musik-PR leisten.

„Damit Musik gehört wird, muss man auch was tun. Ich wollte schon immer, dass viele Leute unsere Musik hören und da reichte es nicht unseren Freunden davon zu erzählen. Wir mussten versuchen die richtigen Hebel in Bewegung setzen. Und dazu gehörte es auch, selbst Artikel an Zeitschriften zu schicken.“

Wie sehen die Maßnahmen dabei konkret aus?

Wir stellen für jeden Künstler individuelle Presse-Verteiler zusammen. Mittlerweile haben wir mehrere tausend Kontakte aus Blogs, Podcasts, Radio- und TV-Sendern, TikTok, Printmedien und schauen dann gezielt, wer oder was zu dem Künstler und der Musik passt. Es bringt uns und dem Künstler mehr, wenn wir 80 gewinnbringende Kontakte in einem Verteiler haben, statt wahllos 400 Kontakte anzuschreiben und am Ende vielleicht auch anrufen oder aussortieren zu müssen. Es ist nämlich extrem wichtig von vornherein eine realistische Erwartungshaltung von Agentur und Kunden zu schaffen, da auch viele Anfragen abgelehnt werden. Wir bieten ihnen also Hilfestellung bei der Erstellung von Social-Media- und Werbe-Anzeigen-Konzepten oder Influencer-Kampagnen. Bei uns gibt’s außerdem nicht die klassische Pressemitteilung. Beim ersten Versand, wenn beispielsweise eine neue Single erscheint, bekommen die Redakteure alle Infos persönlich in Print-Form zugeschickt. Das ist natürlich sehr aufwendig, aber viele denken sich sonst nur: „Ich schau es mir nicht an, wenn ich nicht persönlich angesprochen werde.“ Das hat auch was mit Wertschätzung zu tun.

Was hättest du damals gerne schon über PR-Arbeit gewusst?

Wie wichtig es ist persönliche Beziehungen zu Redakteuren aufzubauen. Man lernt, sie nach ihren Vorlieben und dem Musikgeschmack einzuschätzen. Es darf nicht immer die Standard-Pressemitteilung rausgeschickt und gehofft werden, dass etwas zurückkommt. Auch bei Mails oder Telefonaten sollte man eine persönliche Grundlage schaffen und erst einmal ins Gespräch kommen – es ist halt ein „People‘s-Business“. Die Mail-Adresse ist vielleicht die Eintrittskarte aber noch keine Veröffentlichungsgarantie.

Wie evaluiert ihr Erfolge?

Klassische Print-Clippings machen wir nicht, da die Zeitschriften einfach keine hohe Relevanz mehr haben. Die meisten veröffentlichen ihre Artikel ja auch, oder sogar vorrangig, online. Deshalb sammeln wir Online-Belege und schicken dann ein Reporting mit den Links an unsere Kunden. Mit ihnen und den Redakteuren sind wir auch stets im Austausch und fragen nach, ob noch Informationen fehlen oder was gut und nicht so gut ankam. Da ist eben das Verständnis entscheidend, warum manche Sachen abgelehnt werden. Dadurch bekommt man ein Gefühl dafür, worauf Medienpartner achten. Auch Streams, die Messbarkeit des Data-driven oder Performance Marketings geben Aufschluss über die erreichten Personen. Unsere Kunden bekommen zudem zuletzt auch einen Ausblick, wie man nach einer Kampagne weiter vorgehen könnte. 

Vielen Dank für das Gespräch, lieber Jo.

Autorin und Fotografin:
Diana Mühlberger