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Wer in der PR oder einer artverwandten Disziplin (Werbung, Social-Media-Management, irgendwas mit Medien) tätig ist, bekommt es regelmäßig mit dem leidigen Thema Trends zu tun. Wenig tut die Marketing-Branche so gern, wie sich gegenseitig zu erzählen, was man denn zukünftig auf dem Schirm zu haben hätte. Ob es nun die „Top 8 Marketing-Trends des Jahres“ oder „Fünf Dinge, die Kommunikationsprofis 2035 wissen müssen“ sind – wichtig ist, dass immer alles ganz anders und in jedem Fall ganz fürchterlich innovativ wird. Umso mehr überraschte mich deshalb ein kürzlich erschienener Beitrag im renommierten Marketing-Magazin Absatzwirtschaft, auf den mich meine Kollegin Monika Nyendick aufmerksam machte. Die Gastautoren, die ihre Brötchen allesamt bei der nicht ganz unbekannten Unternehmensberatung McKinsey verdienen, werfen in dem Text einen Blick auf die zehn wichtigsten Trends, die Marketeers im Jahr 2024 bewegen (sollten) – so weit, so bekannt. Das Überraschende hieran war vielmehr, wie wenig die meisten der genannten Punkte überraschten.

Die Grundlage für das Ranking bildete eine Umfrage unter „mehr als 100 Marketingverantwortlichen und Nachwuchstalenten“. Zugegeben, ob das wirklich repräsentativ ist, darf angezweifelt werden. Für eine grobe Idee, was die Branche beschäftigt, reicht es aber allemal. Gehen wir die zehn wichtigsten Marketing-Themen also einmal in aufsteigender Reihenfolge durch:

10. Budgetmanagement

Der Anspruch, mit den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln vernünftig zu haushalten, schafft es gerade so in die Top Ten. Hier zeigt sich deutlich, dass eindeutig nur Kommunikationsprofis befragt wurden und niemand aus der Geschäftsführung oder der Finance-Abteilung. Denn für diese ist Budgetmanagement eben kein Trend oder ein „Nice-to-have“, sondern eine entscheidende Grundlage für den Geschäftserfolg. Und bei aller Liebe zu spektakulären Kampagnen und mitreißenden Inhalten – am Ende gilt doch immer der alte Wu-Tang-Grundsatz: Cash Rules Everything Around Me.

9. Kanalmix

Von der Fachzeitschrift über den Messestand bis hin zum LinkedIn-Auftritt, auf möglichst allen Kanälen erfolgreich zu kommunizieren hat für die Umfrageteilnehmer einen, aus meiner Sicht, erstaunlich niedrigen Stellenwert. Natürlich gilt es zunächst die passenden Kommunikationswege und Plattformen für das jeweilige Unternehmen zu finden – so kann sich etwa der Playboy den Werbeblock auf dem Kinderkanal getrost sparen – doch, dass man diese anschließend mit gleichwertig guten Inhalten bespielt, sollte eigentlich selbstverständlich sein.

8. Marketing-ROI

Auf Platz Acht geht es gleich nochmal ums liebe Geld. Beim ROI (Return on Investment) steht jedoch statt dem Möglichst-wenig-ausgeben eher das Möglichst-viel-erreichen im Fokus. Auch hier fragt man sich, wie der Wunsch, das eigene Budget nicht völlig sinnlos zu verheizen und einen messbaren Erfolg zu erwarten, überhaupt als Trend durchgehen kann. Erklären kann ich es mir nur damit, dass in der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Situation auch in der letzten Marketingabteilung die Gürtel nun enger geschnallt werden, womit ein gewisser Sinneswandel einher geht.

7. Employer Branding

Über das Thema Employer Branding habe ich an dieser Stelle schon vor eineinhalb Jahren geschrieben – weniger relevant ist es seither offensichtlich nicht geworden. „Talente begeistern und binden“ heißt es von den McKinseyanern, sei das Ziel der Arbeitgebermarkenbildung. Das als Trend zu bezeichnen, halte ich aber doch für abwegig. Denn die Erkenntnis, dass man den eigenen Mitarbeitenden etwas bieten muss, um sie dauerhaft zu halten, hatten schon andere. Und der Begriff Employer Branding selbst feiert bald seinen dreißigsten Geburtstag.

6. Datenschutz

Datenschutz als Trend zu bezeichnen, dürfte jedem Unternehmen, das schon mal einen Cyberangriff oder ähnliches erlebt hat, wie blanker Hohn vorkommen. Die Subheadline „Potenzial nutzen, Risiko vermeiden“ macht das nur unwesentlich besser – schon allein, weil sich die Frage stellt, was für Potenziale es da denn zu nutzen gäbe. Folgerichtig macht die Studie auch absolut keine Anstalten, zu erläutern, was es mit diesem Punkt auf sich hat.

5. (Generative) Künstliche Intelligenz

Bis zur Hälfte der Liste musste ich vordringen, doch da ist er: Der erste echte Trend! Überraschend kommt der zwar auch nicht, redet doch in den letzten zwei Jahren jeder Hinz und Kunz und dessen Oma von KI, aber immerhin. Unerwartet ist hier vielmehr, dass die künstliche Intelligenz nur auf Platz 5 landet. Als Grund dafür nennt die Studie die Schwierigkeiten, die viele Marketing-Profis noch immer mit dem effektiven Einsatz der Technologie zu haben scheinen. Diesen Eindruck kann ich unterschreiben. Aktuell kann KI zwar bei manchen Aufgaben eine sinnvolle Unterstützung sein (Korrekturlesen, Zusammenfassen, Übersetzen), eine Revolution des Arbeitsalltags sieht jedoch anders aus.

4. Datengetriebenes Marketing

„Daten sind das neue Öl“, so hört man es schon seit Jahren an jeder Ecke. Entsprechend darf das Adjektiv „Data-driven“, oder zu Deutsch „datengetrieben“, heutzutage vor keiner Dienstleistung fehlen, die es für Geld zu kaufen gibt. In den meisten Fällen heißt das: Erstmal ein paar Zahlen sammeln und auswerten, bevor man darauf los werkelt. Beim datengetriebenen Marketing ist das nicht anders. Erstmal schaut man sich an, wie Kunde, Markt und Medienlandschaft eigentlich ticken und entscheidet dann, was zu tun ist. Klingt nicht besonders bahnbrechend – und ist es auch nicht.

3. Authentizität

Dass Unternehmen authentisch sein sollen (was auch immer das bei einem Unternehmen bedeuten mag) hört man in den letzten Jahren zunehmend häufiger. Insbesondere wenn es um heikle Themen wie Nachhaltigkeit, Diversity, soziale Gerechtigkeit und Co. geht, wird von Firmen erwartet, dass sie ihren Worten konsequent Taten folgen lassen. Sonst kommt schnell der Verdacht des Green-, Pink- und Sonstwas-Washings auf. Alles schön und gut. Aber Ehrlichkeit und Integrität als Trend zu verstehen, dem man folgen oder es auch lassen kann, stößt mir dann doch etwas sauer auf.

2. Markenbildung

Markenbildung als Trend im Marketing. Muss man das kommentieren?

1. Kreativer Content

Und hier sind wir beim Grund angelangt, warum dieser Blogbeitrag überhaupt existiert. Denn kreative Inhalte, oder Content wie man heute sagt, zum Trendthema Nummer 1 in der Kommunikationsbranche zu küren, ist derart absurd, dass ich nicht umhin konnte, mich dazu zu äußern. In Zeiten von ChatGPT, Social-Media-Dauerbeschallung und Algorithmus-Optimierung mag es fast schon archaisch klingen – aber interessante Inhalte, über die ein echter Mensch mehr als zehn Sekunden nachgedacht hat, sind gut und wichtig. Einerseits ist es deshalb begrüßenswert, dass hier eine Rückbesinnung auf die Essentials stattzufinden scheint. Andererseits ist es erschreckend, dass diese überhaupt notwendig ist.

Zusammenfassend lässt sich wohl sagen: Der Trend geht weg vom Trend. Die Basics von früher gelten wie eh und je. Mit „Zurück in die Zukunft“ wählten die Studienersteller demnach eine recht passende Überschrift. Es bleibt nur zu hoffen, dass dieses Bewusstsein für das, was zählt, weiterhin erhalten bleibt.

P.S. Wer (aus welchem Grund auch immer) noch nicht genug von der Umfrage hat, kann hier alles im Detail nachlesen: https://www.mckinsey.de/publikationen/2024-06-10-state-of-marketing?trk=public_post_comment-text