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Als Agenturältester erlaube ich mir ja mitunter, die hier zu findenden wertvollen Tipps, Tricks und Anregungen zur Steigerung der öffentlichkeitswirksamen Wahrnehmung und Reputation unserer Kunden mit Notizen aus dem Arbeits- und Feierabend-Alltag zu komplettieren. Daher …

And Now for Something Completely Different!

Als ich neulich nach einem weihnachtlich angehauchten Zoom-Meeting mit Glühwein, Feuerzangenbowle, Eierlikörpunsch und Rumschokolade auf das heimatliche Sofa fiel und mich tagesthementauglich über die Geschicke und Fährnisse der Welt televisionär informieren wollte, ging der Fernseher zwar noch an, aber eine Senderwahl war nicht mehr möglich. Die Batterien der Fernbedienung waren leer. Statt Tagesthemen lief irgendeine Sportsendung auf einem nicht-öffentlich-rechtlichen Kanal. Normalerweise wäre ich ja jetzt aufgesprungen und hätte am TV-Gerät den gewünschen Sender eingestellt. Aber aufgrund meiner umständebedingt motorisch nur eingeschränkt mobilen Verfassung blieb ich sitzen und schaute zu. Und staunte.

Auf einer Eisfläche robbten ausgewachsene Männer und Frauen vor, hinter und neben einem runden, Berliner-förmigen Stein mit obenangebrachten Haltegriff über Eis und schrubbten sich die Seele aus dem Leib, damit er an seinem anvisierten Bestimmungspunkt ankommt. Der Stein rotierte langsam – manchmal linksrum, manchmal rechtsrum – und glitt zeitlupenartig immer weiter. Bis er auf einem Feld zu stehen kam, dessen Erreichen die anwesenden Zuschauer zu heftigen aber sehr kurzen Klatsch- und Begeisterungsstürmen hinriss. Dann herrschte wieder Ruhe, unterbrochen nur vom leise sprechenden Moderator oder den kaum zu verstehenden Putzkommandos der kältetrotzenden Athleten und Athletinnen. Auch wenn ein Stein einen gegnerischen Stein wegstieß, so dauerte das anerkennende oder bedauernde Raunen nur einen Augenblick, bis wieder kalte Ruhe die Szene bestimmte. In Südfrankreich geht derartiges klimabedingt eher mit orangengroßen Metallkugeln auf Sand oder Schotter vor sich. Und einzelne Würfe werden gern weintrinkend und wasauchimmerrauchend mehr oder weniger ausführlich kommentiert und diskutiert. Beim Curling hingegen herrscht beinahe schachturnierarte Ruhe und Konzentration. Und auf der glatten Eisesfläche bewegen sich die Teams auf eine Weise, die dem Curling-Fan Minen der Anerkennung ins Gesicht zaubern. Der Laie (resp. die Laiin?) hingegen macht große Augen und staunt, mitunter ergibt er/sie sich der auf Unkenntnis ruhenden Heiterkeit und lacht.

Mittlerweile gesellte sich meine Frau zu mir, die sich über mein neues Interesse doch recht wunderte. War es tatsächlich Interesse an dieser Sportart oder trankbedingte Lethargie des Gatten? Ich jedenfalls schaute unverwandt auf den Bildschirm und hatte das Gefühl, dass ich hier und jetzt eine Performance sehe, die im Großen und Ganzen dem Tätigkeitsfeld entspricht, dem meine Kolleginnen und Kollegen seit Jahren unverzagt nachgehen. Und wieder einmal hatte ich das untrügliche Gefühl – oder die Überzeugung? – dass das alles irgendwie miteinander zusammenhängt. Nach Auskunft der Liebsten war ich jedoch – offensichtliche übermannt von den Eindrücken – anscheinend nicht mehr in der Lage, dieser konzentrierten Erfahrung sprachlich Herr zu werden bzw. nachvollziehbaren Ausdruck zu geben. Satzfetzen wie „Der Stein ist die Message“, „Die Nachricht muss ins Zielfeld“, „Kommunikation muss flutschen auf vorbereiteten Kanälen“ oder „Manche Message braucht halt länger“ konnte sie noch verstehen, bevor ich in einen Traum entglitt, der sich um Verständnis für sonderbare Tätigkeiten drehte oder sowas in der Art.

Am nächsten Tag schaute ich verstandesnüchtern natürlich sofort in Wikipedia nach und ließ mich aufklären. Dort steht: „Curling ist besonders in Kanada, Schottland, Skandinavien und der Schweiz populär und wird wegen seiner komplexen taktischen Möglichkeiten auch als Schach auf dem Eis bezeichnet. Es gehört zu den Präzisions- und Mannschaftssportarten.“ Seither bin ich überzeugt: So isses! Da gibt es zu unserem Job mehr als Gemeinsamkeiten!

P.S. Natürlich gefällt mir der Ausdruck „Curling“ mit seiner drehenden, fast lockenhaften Anmutung bei weitem besser als der deutsche Begriff: „Eisstockschießen“.