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Ja, ich gebe es zu: Auch ich habe schon Produkte übers Internet bestellt. Aber nur, wenn für die analoge Warensuche- und auswahl einfach keine Zeit mehr war. Oder ich brauche zum Beispiel einfach nur weiße T-Shirts oder Hemden. Dann habe ich keine Lust, in einem Laden diensteifrigen Herrenausstattern auszuweichen oder ausschweifenden Vorträgen über die umweltfreundliche Anbauweise der verwendeten Baumwolle, die faire Bezahlung der Baumwollbauern und die aus dem 19. Jahrhundert stammenden originalen Verarbeitungsmaschinen von der Schwäbischen Alb zu folgen. Ebenso mag ich auch bei der Weinwahl zum aushäusigen Essen erst auf meine Nachfrage weitere Ausführungen zu Traubensorte/-mischung, Anbau- und Ausbausweise erfahren – aber das ist ein anderes Thema. Und ja: ein oder zwei Bücher und CDs habe ich auch schon auf digitalem Weg bezogen. Aber das waren Ausnahmen. Denn der übliche Weg meiner Futtersuche zur geistigen Ernährung und seelischen Kulinarik verläuft auf anderen Wegen.

So führen meine Wege mich gern – von des Tages und der Woche Mühsal befreit – gern in die eine oder andere Buchhandlung. Wohlgemerkt: BUCHHANDLUNG und nicht Bücher-Supermarkt! Also dorthin, wo Gedrucktes als Paperback oder in Leinen gebunden, mitunter auch auf CD gesprochen, im Mittelpunkt des branchentypischen Warenumschlags stehen und keine Tassen, Vasen, Kerzen, Leuchter, Untersetzer, Koch- und Back-Sets die sprachlichen Erzeugnisse in der Folge Gutenbergs an den Rand drängen. Welch Labsal erwartet dort den sonst unter der Woche im Internet von Empfehlungen sonderlei belästigten Lohnschreiber! Statt Supermarkt-Überfülle herrscht hier – zumeist auf kleinem Raum – die individuelle Auswahl der jeweiligen Buchhandlungs-Inhaber und Betreiber. Also Vorlieben, Marotten und Macken statt „Andere Käufer des Krimis Soundso finden auch diese Titel interessant“. Zugegeben, das ist nicht immer ein Garant dafür, dass ich mit gefüllten Einkaufstaschen den Laden verlasse. Aber es bietet Überraschung, Perspektivenerweiterung und Staunen.

Wenn ich etwa für lange Bahnfahrten und vertrödelte Sonntagnachmittage eigentlich nur den zehnten, elften oder zwölften Fall des sizilianischen Commissarios als Taschenbuch erwerben will, trage ich dann oft neben Camillieri und D’Arrigo und di Lampedusa auch noch Klopstock, Henry James und ein Buch über „Die Sprache der Schuhe“ nach Hause. Es ist auch schon vorgekommen, dass ich – frei von Vorsatz und nur flanierend – mit einem Kunstband über alte Perserteppiche, einem Gedichtband von Durs Grünbein und einem antiquarischen Buch über arabische Kosmologie im Früh- und Hochmittelalter den Bücherhort verließ. Derlei Vielfalt offenbart sich mir manchmal vielleicht noch in gut ausgestatteten Stadtbüchereien aber kaum beim mehr oder weniger gezielten Suchen in Internet-Shops.

Damit will ich nun keineswegs die Vorzüge der Informationsbeschaffung und des gezielten Warenerwerbs via Internet in Frage stellen. Selbstverständlich nutze ich auch weiterhin die digitalen Kommunikationswege zu beruflichen wie privaten Recherchezwecke. Wenn ich zum Beispiel schon vorher weiß, nach welchem Autor, Thema oder Buch ich suche, durchstöbere ich natürlich die einschlägigen Web-Shops und -Portale auf der Suche nach Preisen oder weiteren Informationen. Aber wann immer ich es mir erlauben kann, bestelle ich die begehrten Objekte dann bei den Buchhändlern meines Vertrauens vor Ort und hole sie dortselbst höchstpersönlich ab. Vielleicht ergibt sich ja dort noch eine interessante Anregung oder unvorhergesehene Ablenkung?