Nachdem wir hier im Blog bereits in drei Beiträgen die Auswüchse der „gekauften“ Presse beleuchtet haben, möchte ich heute auch ein Positivbeispiel nennen. Denn es gibt sie wirklich noch: die Verlage, die den Journalismus ernst nehmen und unbestechlich sind – und das auch betonen. Allein dieser Umstand ist schon bemerkenswert, sollte es doch eine Selbstverständlichkeit sein, dass Anzeigenabteilung und Redaktion getrennt arbeiten und es keine Verquickung gibt. So schreibt es das deutsche Presserecht vor und auch der deutsche Pressekodex.
Erst vor einigen wenigen Wochen wurde ich von einem Fachverlag überaus positiv überrascht. Ich hatte im Auftrag eines großen Kunden eine ganzseitige Anzeige gestalten lassen und sollte sie bestmöglich platzieren, um einen Messeauftritt auf der IAA Nutzfahrzeuge 2014 zu bewerben. Nachdem ich die Mediadaten verschiedener Verlage verglichen hatte, entschied ich mich für das Magazin mit der höchsten Auflage – es gehört gleichzeitig zu den Top-Branchenmedien, was die Qualität der Berichterstattung betrifft. So bestellte ich beim Anzeigenleiter eine ganze A4-Seite im Vierfarbdruck für mein Inserat. An dieser Stelle darf ich verraten, dass es sich um das Logistik-Fachmagazin „Verkehrs-Rundschau“ (VR) handelt – schließlich wollen wir hier ja Positivbeispiele vorstellen. Zu meiner großen Überraschung entgegnete mir der Anzeigenleiter des Münchner Magazins: „Danke für Ihren Auftrag, Herr Lukas, aber ich sage Ihnen gleich: sie brauchen sich keinerlei Hoffnungen zu machen, Ihre Anzeigenbuchung wird Null Einfluss auf unsere Berichterstattung haben.“ Verblüfft antwortete ich meinem Ansprechpartner, dass ich nicht darauf aus sei, mir durch die Buchung den Weg in den redaktionellen Teil „freizuschießen“, sondern dass ich lediglich sämtliche medialen Kanäle nutzen will, um den Messeauftritt meines Kunden zu bewerben.
Die Antwort des VR-Anzeigenleiters signalisiert mir zweierlei: Erstens – und das ist die gute Nachricht – gibt es in der deutschen Fachpresse durchaus noch einige Magazine, die das Abdrucken von Pressemitteilungen nicht (mehr oder weniger direkt) mit dem Schalten von Anzeigen verknüpfen. Zweitens – und das ist die schlechte Nachricht – muss es wohl zahlreiche Fälle geben, wo dieser Deal eingegangen wird: Anzeigenschaltung gegen inserentenfreundliche redaktionelle Berichterstattung. Unmoralische Angebote gibt es genug, siehe unsere Artikel in dieser Serie. Ob das letztendlich wirklich funktioniert, hängt immer vom Einzelfall ab – von der Kultur des Verlagshauses, aber auch von der Arbeitsethik eines jeden einzelnen Redakteurs.
Interessanterweise haben wir im Laufe unserer Berichterstattung zu diesem Thema immer wieder auch Zuschriften von Journalisten erhalten. Diese bestätigen uns, wie „versaut“ manche Medien tatsächlich sind. Anzeige gegen Platz im redaktionellen Teil – dieser Trend scheint sich immer mehr durchzusetzen. Die neuesten Auswüchse werden „Native Advertising“ genannt: Werbetext, getarnt als redaktionelle Berichterstattung, teilweise nicht einmal von uns als Medienprofis auf den ersten Blick zu erkennen. Was diese neuen „Pressegattungen“ mit der Glaubwürdigkeit der Berichterstattung anstellen, kann sich jeder selbst ausmalen.
Da lobe ich mir die Initiativen einiger Verlagshäuser der Tagespresse. Von der „New York Times“ über den „Guardian“ bis zum „Handelsblatt“ beginnen die großen Player, Bezahl-Inhalte auf ihre Websites zu stellen, um den Rest an gutem Print-Journalismus zu erhalten und gleichzeitig ihren wachsenden Online-Sparten eine gute und nachhaltige Zukunft zu ermöglichen. Die zitierte Verkehrsrundschau hat übrigens ebenfalls vorgesorgt: Seit rund vier Jahren gibt es ausgewählte Artikel und Reportagen (und zwar die spannendsten) auf der VR-Homepage nur noch gegen Bezahlung zu lesen. Der Preis pro Artikel liegt bei weit unter zwei Euro. Und das sollte uns guter Qualitätsjournalismus allemal wert sein.
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