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Vor über fünf Jahren entschied sich mein Blogwichtel Uwe Taeger, unserem Zwei-Mann-Team in der Münchener Niederlassung mit Tat- oder vielmehr Wortkraft unter die Arme zu greifen. Meine Erkenntnis aus der dreijährigen Zusammenarbeit: Die hiesigen horrenden Mietpreise haben auch ihr Gutes, denn in dem knapp bemessenen Nymphenburger Büro habe ich Uwes Kommunikationstalent aus nächster Nähe kennen und schätzen gelernt.

Drei Jahre auf engsten Raum mit zwei Kollegen sind kein Spaziergang. Wenn sie zu allem Überfluss jahrelang verheiratet sind und ein Ehepartner (ich) zur Verdrießlichkeit neigt, ist ein Bootcamp Wellness dagegen. Um im Militärjargon zu bleiben: Was nicht tötet, härtet. Uwe jedenfalls ist stahlhart und hat die Situation mit Humor und unerschütterlicher Buddhamentalität gemeistert.

UweTäger_kleinEs freut mich, dass der Presseprofi nun die Ulmer Mannschaft unterstützt, weil ich seine Qualitäten so gut kenne. Um diese zu beschreiben, nehme ich mir aufgrund meines fortgeschrittenen Alters die Freiheit, mich eines etwas angestaubten Begriffs zu bedienen: Er besitzt die selten gewordenen Eigenschaften eines Gentlemans. Dazu zähle ich sein kultiviertes Erscheinungsbild, die sehr gute Allgemeinbildung, vollendete Umgangsformen und die archaische Anmutung, die er mit angemessenen Requisiten kultiviert: Statt des in der Herrenwelt üblicherweise favorisierten Leatherman Supertools aus Edelstahl gehört ein Taschenmesser mit Holzgriff und Messingbeschlägen zu seiner Grundausstattung. Ein stilvoller Füllfederhalter ruht in Uwes Brusttasche – niemals ein Plastikkugelschreiber mit Werbeaufschrift. Knipsen mit dem Smartphone? Indiskutabel! Die Fujifilm X20 mit Retro-Charme komplettiert die Ausrüstung des Grandseigneurs.

Ein weiteres Markenzeichen ist seine Eloquenz, mit der er Kunden und Kollegen um den kleinen Finger wickelt. Niemand in unserer Agentur versteht es besser, die trivialsten Sachverhalte mithilfe kunstvoll konstruierter Syntax im Stile von Thomas Mann in schmeichelnde Worte zu kleiden. Uwes Wortbeiträge – ob schriftlich oder mündlich – sind wie ein Soufflé. Wie die Meisterwerke der Haute Cuisine werden sie von kundiger Hand gestaltet und dem Leser oder Hörer nicht schnöde serviert, sondern kredenzt. Unnötig zu erwähnen, dass sie goutieren und gehaltvoll sind.

Wie komme ich jetzt auf Essen? Ach ja, schmerzlich vermisst werden in München Uwes kulinarische Ambitionen, die Birnentarte und Linzer Torte bleiben unvergesslich. Von der Gourmetaffinität haben sogar indirekt unsere Kunden profitiert, denn ein Ex-Feinschmecker-Abonnent eignet sich für eine Reportage in einem Nobelhotel mit Gault-Millau-Restaurant besser als meine Wenigkeit, eine Migrantin aus dem Rheinland, lediglich vertraut mit heimischer Trinkhallenkultur à la „Pommes Schranke“ (Pommes frites mit Ketchup und Mayonnaise) und „Mantaplatte“ (Pommes Schranke mit Currywurst).

Als ich eines schönen Arbeitstages im Begriff war, Kaffee in einer Tasse ohne Untertasse zu servieren, wies mich Uwe – wie immer unnachahmlich diskret – darauf hin, dass das doch wohl nicht schicklich sei. Obwohl ich ihn in den letzten zwei Jahren nur sporadisch gesehen habe, plagt mich immer noch das schlechte Gewissen, wenn ich Platz im Geschirrspüler sparen will.

Uwes Gefühl für Stil beschränkt sich nicht auf Genussfragen und Tischetikette. Mein Kollege gehört zur rar gesäten Anzahl der Männer, die im Dreiteiler zur Agentur-Weihnachtsfeier kommen und ihre Umwelt selbst bei 35 °C im Schatten nicht mit dem Anblick kurzer Hosen affrontieren. Gegen die Unbilden des Wetters wappnet er sich fernab jeglicher modischer Torheiten mit englischer Wachsjacke und Tweedsakko – Sinnbilder souveräner Gelassenheit. Wenn ich an Uwe denke, kommt mir der Slogan des Einzelhandelsunternehmens Manufactum in den Sinn, in dessen Kundschaft er sich vortrefflich einfügen würde und wo man Taschenmesser mit Griffschalen aus über 3000 Jahre altem Mooreichenholz kaufen kann: „Es gibt sie noch, die guten Dinge.“ Was braucht eine Agentur mehr?