Letzte Woche thematisierte Rebecca Hasert bereits den „Segen und Fluch der digitalen Post“ – Ralf Dunker kann davon auch ein Lied singen …
CC steht für Carbon Copy, zu Deutsch Kohlepapier-Durchschlag. Und eben diesem trauere ich manchmal nach. Nicht dass ich die mechanische Schreibmaschine vermissen würde, auf der ich (Jahrgang 1963) in Kindertagen – zum Leidwesen meiner Mutter und der Maschine – meine Fingermuskulatur trainierte. Aber die schmutzigen Hände nach dem Einlegen des Kohlebogens, der umständliche und unexakte Transport des mehrere Blätter dicken Papierstapels und die Akribie, mit der man Tippfehler vermied, hatten etwas für sich: Man fertigte Kopien auf diese Weise nur an, wenn sie wirklich nötig waren.
Heute geht’s ratzfatz: Ins CC-Feld klicken, Adresse eintippen und schon ist die digitale Kopie des elektronischen Briefs vorbereitet. Einen Mausklick später ist das Geschriebene bereits unterwegs an zwei, drei Empfänger oder sogar einen ganzen Verteiler. Ein Segen oder ein Fluch? Denn alle Empfänger, ob „echte“ oder „kopierte“, müssen Notiz von der E-Mail nehmen, sich zwischen „lesenswert“ oder „Ablage rund“ (gibt’s diese Umschreibung im Digitalzeitalter noch?) entscheiden und ggf. den Inhalt zur Kenntnis nehmen. Hat der Content für den CC-Empfänger die Relevanz eines Kettenbriefs (auch das gab es in der analogen Welt), wird er beim nächsten Mal schnell(er) die „Entf-Taste“ drücken.
Selbstverständlich kann es durchaus sinnvoll sein, jemanden in CC zu setzen, zum Beispiel um andere den aktuellen Projektstatus „im Vorbeigehen“ erfahren zu lassen. Als Autor manches Auftragstextes stehe ich dennoch zum Beispiel bei Textfreigaben vor dem Problem, dass mich manches CC verwirrt:
Da hatte ich vorgestern den Produktmanager Michael Mustermann angemailt, ob er bitte meinen Artikel korrigiert. Heute erhalte ich seine Nachricht inklusive geänderter Word-Datei. In CC stehen Marianne Musterfrau und Max Musterknabe. Ich kenne beide nicht, ahne aber anhand der Mail-Adresse, dass Marianne M. im gleichen Unternehmen arbeitet. Als was, weiß ich nicht. Weiterhin grübele ich, welcher Firma Max M. angehört. Schnell kopiere ich den Teil seiner Mail-Adresse nach dem Klammeraffen in den Zwischenspeicher und googele, was sich zu dieser Domain finden lässt. Im schlimmsten Fall sehe ich nun „Diese Website ist noch im Aufbau“ auf dem Bildschirm und bin so klug als wie zuvor.
Gespannt warte ich in den kommenden Tagen, ob sich Marianne M. und Max M. melden. Möglicherweise reichen sie just am Tag des Redaktionsschlusses noch Änderungswünsche ein, die es zu berücksichtigen gilt? Ich hoffe, dass Sie dabei niemanden in CC setzen und dadurch einen Schneeballeffekt auslösen, der mich Wochen nach Redaktionsschluss als Lawine ereilt. Vielleicht passiert aber auch gar nichts. Dafür bete ich in den kommenden Abenden.
Ich glaube, ich bin nicht der Einzige, der das CC-Feld mit Argwohn betrachtet. Ich habe für mich daher beschlossen, es sparsam zu nutzen. Und wenn ich es doch verwenden muss, ziert oft eine kleine Einleitungszeile meine Mail: „In CC an Marianne Musterfrau, Marketing Musterfirma, zur Kenntnis.“ Dann weiß der Empfänger meiner Mail wenigstens, wer außer ihm diese Post lesen kann, darf, muss. Mein Entscheidungsprozess ist ganz einfach: Ich stelle mir vor, ich müsste für die Kopie einen Kohlepapierbogen einlegen, die Blätter in den Vorschub fädeln etc. Ist es die Sache wert? Dann hat CC seine Berechtigung.