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Schon mitbekommen? Frankreich hat die Windkraftanlage der Zukunft erfunden, ganz ohne Verschleißteile und Lärm! Und Japan hat währenddessen das schnellste Internet aller Zeiten entwickelt. Ach ja, nebenbei hat Deutschland die haltbarste, umweltfreundlichste und allgemein supertollste Batterie der Welt ausgetüftelt. Die Probleme der Welt, gelöst durch nationalen Erfindergeist, Technologieoffenheit und den Mut, Neues zu wagen. Ist das nicht klasse?

„Moment mal, davon hab‘ ich ja noch nie gehört“, mag jetzt der eine oder die andere denken. Nun ja, so wirklich mitbekommen hat man all diese epochalen Innovationen leider nur auf Social-Media – allem voran LinkedIn. Das verwundert freilich nicht, treffen die bahnbrechenden technischen Fortschritte doch genau den Nerv des dortigen Publikums. Für Entrepreneure, Tech-Enthusiasten und Selbstverwirklicher aller Couleur zeigen die – meist als handliche Share-Pics aufbereiteten – Erfolgsmeldungen wieder einmal, dass die Welt eigentlich ganz leicht zu retten wäre. Es müsste eben nur mal jemand auf ihren disruptiven Unternehmergeist setzen, statt auf verstaubte Verbotspolitik. Da kommt es auch gerade recht, dass in den jeweiligen Posts immer klar benannt und häufig per Flaggen-Emoji visualisiert wird, auf welche unbürokratische Anpack-Nation man neidisch sein darf. „Warum geht das bei denen und nicht bei uns…“

Die Realität hinter den Wundermeldungen

Dass nun Länder oder ganze Volksgemeinschaften in der Regel keine Batterien oder Windturbinen erfinden, dürfte den meisten klar sein. Politische Rahmenbedingungen mögen Innovationen begünstigen und in Staaten der sozialistischen Gangart kommen diese sogar häufig aus öffentlichen Einrichtungen statt aus privaten Unternehmen. Dennoch wurde die Technologie am Ende eben von Wissenschaftlern/Ingenieuren/Programmierern etc. entwickelt, nicht von „China“ oder „den Chinesen“. Auch dass man bei den vermeintlichen technischen Meilensteinen eventuell zweimal hinschauen sollte (über die Wunder-Windräder wurde beispielsweise schon vor zehn Jahren kritisch berichtet), überrascht kaum. Zu oft haben sich überschwängliche Ankündigungen neuer Erfindungen und Durchbrüche mit der Zeit in Wohlgefallen aufgelöst – von krachend gescheiterten Straßen aus PV-Modulen über die seit 50 Jahren kurz vor der Marktreife stehende Kernfusion bis hin zur jährlich wiederkehrenden Entwicklung des ersten Raumtemperatur-Supraleiters (jetzt aber wirklich!…).

Umso interessanter ist es deshalb jedoch, dass die quellenlosen, schwammig formulierten und inhaltlich fragwürdigen „Info-Posts“ tausendfach geliked, geteilt und kommentiert werden. Und das zu großen Teilen von Menschen, deren Profil zumindest suggeriert, dass sie eine höhere Bildung genossen haben. Selbst offensichtlichste KI-Bilder und Leistungsbehauptungen, die aus einem Science-Fiction-Roman stammen könnten, lassen da bei vielen nicht die Fake-News-Warnglocken läuten. Wie so oft gilt wohl auch hier: Das Interesse an der Wahrheit sinkt im Verhältnis zum Maß, in dem eine Nachricht in das eigene Weltbild passt.

Zwischen Fake-News und Edutainment

Als echtes Nachrichtenangebot taugen Beiträge dieser Art also kaum. Zwar versteckt sich hinter den meisten davon eine echte – und teilweise sogar recht spannende – Innovation, jedoch handelt es sich meist um sehr frühe Grundlagenforschung mit begrenztem Scope oder Experimente unter hochgradig kontrollierten Bedingungen. Betrachtet man den Content jedoch durch die „Edutainment“-Brille (Education + Entertainment) und fokussiert sich dabei auf den Aspekt der Unterhaltung, hat er doch einen gewissen Mehrwert. Denn unterhaltsam, im Sinne von lustig, ist das Ganze allemal, wenn auch eher unfreiwillig.

Als unternehmungstüchtiger Humortüftler sehe ich aber selbstverständlich auch hier Innovationspotenzial. In diesem Sinne: Deutschland erfindet 260% lustigere LinkedIn-Posts!