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Diversity hier, Nachhaltigkeit da und Corporate Responsibility sowieso – vor nicht allzu langer Zeit bestimmten diese Themen die Kommunikation vieler Unternehmen. Vom weltumspannenden Mischkonzern bis zur familiengeführten Eierbechermanufaktur trug so gut wie jede Firma ihre moralisch makellose Unternehmenskultur wie eine Monstranz vor sich her. Noch im letzten Jahr beschäftigte sich beispielsweise mein Kollege Uwe Taeger mit den Feinheiten der Corporate Social Responsibilty (CSR) und auch in den Marketing-Trends 2024 spielten Gleichberechtigung und Co. eine wichtige Rolle. Doch dieses Jahr ist nicht letztes Jahr, und im Zuge von Trump’schem Wahnsinn, Rüstungs-Boom und allgemeinem gesellschaftlichem Rechtsdrall sind die Vorzeichen 2025 plötzlich andere.

Das Ende von „Woke“

Mit der erneuten Machtübernahme Donald Trumps wurde in den USA auch direkt das Ende aller Bestrebungen nach sozialer Gerechtigkeit ausgerufen – oder wie es das Wirtschaftsmedium Bloomberg auf den Punkt brachte: „Woke Is Over.“ Als weltoffener, toleranter Mitteleuropäer betrachtete man dieses reaktionäre Treiben auf der anderen Seite des Atlantiks zwar mit Sorge, zunächst aber auch mit der Gewissheit, dass dies für uns ja keine größere Relevanz haben könne. Nun, kein halbes Jahr später, zeigt sich jedoch, dass in einer globalisierten Weltordnung, in der trotz aller Turbulenzen immer noch der Dollar regiert, auch europäische Firmen ihre Diversity-Goals in die Tonne treten, wenn andernfalls das US-Geschäft leidet. Für Furore sorgte hier etwa kürzlich das Beispiel SAP. Man passe seine Maßnahmen im Bereich Diversity & Inclusion (D&I) an aktuelle rechtliche Entwicklungen an, um Gesetzeskonformität sowie ein sicheres und inklusives Arbeitsumfeld zu gewährleisten, hieß es dazu aus Walldorf. Soll heißen: Die einst angestrebte Frauenquote von 40 Prozent ist vom Tisch.

Die Schuld hier allein auf die fiesen Amerikaner zu schieben, wäre dennoch zu kurz gegriffen. Wer den politischen Diskurs in Deutschland in den letzten Monaten verfolgt hat, weiß, dass lautstarkes Lamentieren über „Öko-Terror“, „Genderwahn“ und das Scheitern von „Multi-Kulti“ längst keine reine Domäne der AfD mehr ist. Nicht falsch verstehen: Die rechtsradikalen Jammerlappen sind hier immer noch Best-in-Class. Doch CDU, CSU und BSW (ach ja, die gibt’s ja auch noch) geben ihr Bestes, ebenfalls ein Stück des vermeintlichen Zeitgeist-Kuchens zu ergattern. Da verwundert es nicht, dass das ein oder andere Unternehmen die Gunst der Stunde nutzt, und lästige sowie teure Initiativen abbläst – mit dem Wissen, dass der gesellschaftliche Backlash sich voraussichtlich in Grenzen halten wird.

Zeitgeist im Wandel

Solche Rückzieher von Diversity- und Nachhaltigkeitszielen sind noch die Ausnahme, und man wird sehen, ob es sich dabei nur um einen kleinen Knick im allgemein progressiven Trend handelt. Dass grundsätzlich ein Wiedererstarken des (Rechts-)Konservatismus stattfindet, insbesondere bei jüngeren Menschen, ist jedoch nicht von der Hand zu weisen. Sieht man etwa, dass die AfD mittlerweile die populärste Partei unter den 14- bis 29-Jährigen ist, mag man sich nicht ausmalen, was das für das gesellschaftliche Klima der kommenden Jahre und Jahrzehnte bedeutet. Und wie man gerade sehr anschaulich in den USA beobachten kann: Kippt einmal der politische Konsens zu Ungunsten der Moral, werden Unternehmen vermutlich nicht diejenigen sein, die sich dem widersetzen. Man will schließlich keine Kundschaft vergraulen.

Die Verantwortung für diese unschöne Entwicklung allein den Rassisten, Sexisten und Antidemokraten dieser Welt zuzuschieben, wäre aber wohl zu einfach. Auch der eine oder die andere tolerante Weltbürger*in müssen sich meiner Meinung nach die Frage gefallen lassen, ob die letzten Jahre voll inklusiver Sprache und performativem Empowerment wirklich zielführend waren. Denn wer unentwegt vorgebetet bekommt, er müsse doch jetzt endlich mal ein besserer Mensch werden, dafür aber keinerlei materiellen Verbesserungen in seinem Leben erwarten darf, lässt es dann irgendwann vielleicht auch einfach bleiben mit der Moral.

Wie wir als Agentur es mit dem Thema Diversity halten, hat unser Chef Uwe Pagel übrigens kürzlich im PR-Journal treffend auf den Punkt gebracht: „Wir waren immer divers und werden es immer sein.“ So einfach kann es sein.