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„Endlich wieder Weihnachtsmarkt!“

oder doch eher:

„Oh Gott, schon wieder Weihnachtsmarkt.“

In diese zwei Fraktionen lässt sich die deutsche Bevölkerung in den vier Wochen vor Heiligabend in etwa aufteilen. Nur wenige Dinge polarisieren so sehr, wie diese harmlos anmutenden Haufen von dekorierten Holzbuden. Während der eine sich nichts weihnachtlicheres vorstellen kann, als im Kreise von Freunden am Glühwein zu nippen, fragt sich die andere, warum man für heißen Sangria mit Gewürzeinlage Geld bezahlen sollte. Wo dem einen beim Geruch von gebrannten Mandeln und Feuerwürsten das Wasser im Mund zusammenläuft, überlegt der andere, ob dieser Gestank nicht gegen irgendeinen ABC-Waffen-Sperrvertrag verstößt. Und wohl nichts treibt so einen großen Keil durch die Gesellschaft, wie die Frage, ob Kinderchöre in Begleitung eines Trompeters nun andächtiges Schweigen und anschließenden Applaus rechtfertigen, oder doch eher eine Militärintervention.

Berichte von der (Weihnachtsmarkt-)Front

Man mag es vielleicht erahnen, ich zähle mich selbst eher zur zweiten Gruppe. Weihnachtsmärkte sind für mich eine Qual. Dabei mag ich Weihnachten sehr gerne. Die Ruhe, das Essen, das Beisammensein mit der Familie, das Essen, die Geschenke, das Essen…all die schönen Dinge, die die Feiertage ausmachen. Und die kaum weiter von der Realität eines Weihnachtsmarktes entfernt sein könnten.

Das Letzte, was man unter den Glühweinschwaden finden wird, ist Ruhe. Die dicht gedrängten Menschenmassen vermitteln einem das Gefühl während der Rush Hour in der Tokioer U-Bahn zu stehen. Dort dürfte man allerdings auf weniger Betrunkene in Feierlaune treffen. Ob das das Erlebnis auf- oder abwertet, sei jedem selbst überlassen. Zeit mit der Familie zu verbringen ist zwar prinzipiell möglich, aber nicht zu empfehlen. Wer seine Eltern oder gar Großeltern diesem Wahn aussetzt, hat sein Erbe dann auch völlig zurecht verloren.

Geschenke kann man natürlich an jeder zweiten Hütte kaufen. Das Problem dabei ist, dass ein Freundeskreis nur eine begrenzte Anzahl von Kristallumhängern, Bienenwachskerzen und Holzgiraffen absorbieren kann. Zuletzt das Essen. Davon gibt es natürlich mehr als genug. Würste, Würste, Würste. Süßigkeiten in allen Formen und Farben. Pilze, Flammkuchen, Fisch. Seit einigen Jahren verirren sich sogar Dönerbuden und Asiatische Nudelstände in die Fresslawine. Man sollte meinen, das würde mich versöhnlich stimmen. Aber solange eine Portion Pommes dort so viel kostet wie ein Kleinwagen, wird der Geschmack meines leeren Portemonnaies alles andere überdecken.

Im Bann der Bowle

Die naheliegende Vermutung wäre jetzt, dass ich Weihnachtsmärkte weiträumig meide. Wahrscheinlich wäre das auch das Beste. Doch entgegen aller Vernunft und Instinkte, ende ich doch jedes Wochenende zwischen den erleuchteten Holzverschlägen im Schatten des Ulmer Münsters. Nicht aus freiem Willen, versteht sich. Irgendjemand findet sich aber immer, der mich mitzerrt. Zwar sträube ich mich innerlich, doch die Mischung aus Gruppenzwang und Angst, als Weihnachtsmuffel zu gelten, ist zu stark. Dann steht man dort, nippt am Glühwein, reibt sich die Hände, greift dem Nebenmann in die Mandeltüte. Und dann kommt der nächste Glühwein. Und dann der nächste. Oh, es gibt auch weißen Glühwein! Wie wohl der Jägertee schmeckt? Die Feuerzangenbowle ist auch ganz lecker und die Feuershow dazu, da kann man nicht wegschauen. Wie toll das hier duftet! Die ganzen Lichter, ist das nicht romantisch? Oh, die nächste Runde Glühwein.

Eigentlich doch ganz nett hier…

 

Christoph Buck


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