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„Driiing“, das Herz setzt einen winzigen Schlag aus. Harmlos genug, um keinen gesundheitlichen Schaden anzurichten, aber auch groß genug, um mich aus der Fassung zu bringen. „Driiiiing“, Schweißperlen bilden sich auf der Stirn. „Driiiiing“, die soeben geformten Tröpfchen haben bereits ein Wettrennen vollbracht und selbst die Verlierer sind am Ziel angekommen. 

So fühlte ich mich mein kurzes Leben lang jedes Mal, wenn das Telefon klingelte. Ob es ein persönliches Problem ist oder an meiner Verankerung in der Generation „WhatsApp“ liegt, ist zu debattieren. Anrufe haben mir immer Angst gemacht, egal ob ich der Täter oder das Opfer war. So freute ich mich umso mehr, mit meinem Praktikum bei Press’n’Relations eine Konfrontationstherapie zu starten.

Verkaufen Sie Sauger?

Zwei Monate später kann ich erleichtert berichten, dass es mir besser geht, danke der Nachfrage. Ich habe realisiert, dass Anrufer und Angerufene auch nur Menschen sind und wenn ich einmal „ähm“ sage oder sie für einen kurzen Moment in die Warteschleife befördere, um mich bei Kollegen zu informieren, werden sie mir nicht den Kopf abreißen. Schließlich kann die Frage, ob wir Sauger verkaufen, einen durchaus irritieren. (Ja ich bin mir bewusst, dass wir eine PR-Agentur sind) Und wenn ich mal etwas nicht so schön formuliert habe, stehen mir die hilfsbereiten Kommunikationsspezialisten, mit denen ich mir ein Büro teile, mit Rat und Tat zur Seite. Angst den falschen Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung zu erwischen, habe ich auch nicht mehr – nach meinem versehentlichen Telefonat mit dem Bundestag. Man lernt eben aus Fehlern. 

Chef: zwei Zuckerwürfel, Assistentin: ein Zuckerwürfel

Doch nicht nur das Telefonieren sei geübt! Bei diesem Praktikum benötige ich Skills, an die ich noch nie gedacht habe. Inzwischen bin ich ein Meister im Scannen geworden und weiß wie die Mitarbeiter ihre Clippings am liebsten abgespeichert haben. Zudem ist in meinem Kopf bereits verankert mit wie vielen Zuckerwürfeln der Chef und die Assistentin ihren Kaffee gerne trinken.

Auch mit Kritik werde ich oft konfrontiert, was meinem Ego guttut. So kommt es schon mal vor, dass eine Meldung, in die ich Blut, Schweiß und Tränen investiert habe, von den Kollegen komplett umgeschrieben wird. Doch das darf ich nicht persönlich nehmen. Mit der Menge Erfahrung, die ich habe, kann ich ja noch gar nicht wissen, was manche Kunden hören wollen, andere wiederum nicht und vor allem, wie ich weihnachtliche Tischwäsche am besten beschreibe. Dafür bin ich hier: um zu lernen und auszuprobieren – und die ein oder andere Tischwäsche zu beschreiben. 

Schreiben lernt man am besten durch Nachahmen. Mein ehemaliger Deutschlehrer, besser bekannt als „Lehrernobelpreisträger“ 2013, hat uns das schon in der Schule ans Herz gelegt. Das heißt lesen, lesen, lesen und dann schreiben, schreiben, schreiben. Was er uns noch predigte war: „Wer liest, lebt doppelt“. Passend, dass nun jeden Morgen eine meiner ersten Beschäftigungen das Zeitunglesen ist. Auch wenn ich manchmal an dem ein oder anderen, für die Agentur unwichtigen Artikel eventuell zu lang hängen bleibe. Wenn man in diese Leseroutine kommt, will man sie im Alltag gar nicht mehr missen. 

Learning by imitating, doing and ordering Pizza

Meine Aufgaben habe ich mir erstmal bei unserer Assistentin Franzi abgeguckt. So bin ich ihr auch bei unserem ersten Weg in die Autowerkstatt unseres Vertrauens hinterhergefahren. Mittlerweile könnte ich den Weg blind fahren (ich werde es nicht tun, keine Sorge), da es in letzter Zeit einige Probleme mit den Dienstwägen gab. Die Mitarbeiter der Werkstatt begrüßen uns inzwischen mit einem herzlichen Lächeln, da sie ihre Stammkunden wiedersehen. Eine familiäre Atmosphäre hat sich eingelebt.

Kommen wir zurück zum Telefonieren. Als therapeutisch wertvoll hat sich besonders das Pizzabestellen alle zwei Wochen herausgestellt. Die grundlegendste Form der Therapie: Auf eine Aktion folgt eine positive Reaktion, also eine klassische Konditionierung. Ich wurde zum Pawlowschen Hund. Denn ich weiß, dass nach einem kurzen Griff zum Hörer bald eine Belohnung in Form von knusprig gebackenem Teig, würziger Tomatensauce und schmelzendem Käse folgt. Eine schöne Bescherung und das auch noch montags. 

Was ich also an jeden weitergeben möchte: Wenn ein unfreundlicher Urbayer anruft, um zu fragen, ob man Sauger verkauft, bleibt man ruhig und gelassen und wartet geduldig auf ein einsichtiges „Also, Servus“.


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