Endlich alles beisammen
Als dann vor Kurzem eine in die Hülle integrierte deutsche Tastatur für das 9,7’’ iPad erschien, gab es keinen Hinderungsgrund mehr, das Schreiben auf Glas auszuprobieren. Die erste Hürde war die Auswahl einer geeigneten Notiz-App. Die von Apple ist zwar recht nett anzuschauen und auch durchaus brauchbar. Doch im Sinne eines klassischen Notizbuchs arbeitet sie nicht. Nach einer ausführlichen Recherche im App Store kristallisierten sich jedoch sehr schnell ein paar Alternativen heraus. Viele waren es nicht, da die meisten für das iPad pro und den Einsatz des Apple Pencil optimierten Apps für den Grafiker gedacht sind, aber in der Handvoll von Notiz-Apps hatte ich recht schnell meine beiden Favoriten identifiziert. Kandidat 1 war Nebo von MyScript: Bestechender Vorteil war die Möglichkeit, meine Handschrift gleich auch zu konvertieren und so den Text direkt in eine Textverarbeitung übernehmen zu können. Das brachte aber gleichzeitig auch einen gewissen Zwang mit sich, leserlich zu schreiben – für einen altgedienten Schreiberling eine eher anstrengende Übung. Kandidat 2 hieß GoodNotes von Time Base Technology. Was mich hier überzeugte, war zum einen die Möglichkeit, das Lieblingspapier zu wählen – in meinem Fall zur Bildschirmgröße passend DIN A 5 kleinkariert – und dies wie ein Blatt im Seitenmodus zu beschreiben. Zudem kann man für jedes Projekt ein eigenes Notizbuch mit entsprechender Kladdenhülle erstellen und diese auch als Tabs am oberen Bildschirmrand anordnen. Zwar kostet letztere App 7,99 € während Nebo für begrenzte Zeit kostenlos zu haben ist. Aber inzwischen hat mich das kostenpflichtige Programm überzeugt.Einfacher als gedacht
Also rein in die Praxis und in das erste Meeting ohne Papier. Natürlich ist das Schreibgefühl zunächst ein völlig anderes. Papier setzt dem Stift immer einen gewissen Widerstand entgehen. Das Schrieben auf Glas geht dagegen flüssiger vor sich als mit dem besten Tintenroller. Auch ist es absolut ungewöhnlich, dass alles genauso auf dem Bildschirm festgehalten wird, wie man es reinschreibt: von der Schönschrift, zu der man sich anfangs noch zwingt, bis hin zur Schrift oder besser dem Geschreibsel, in dem man auch sonst seine Notizen erfasst. Für jemanden, der es gewohnt ist, immer den gedruckten Text auf dem Schirm zu lesen, ist es schon gewöhnungsbedürftig, diese Schlamperei 1:1 auf dem iPad zu lesen. Doch daran stört man sich komischerweise sehr schnell nicht mehr. Denn das Glas verwandelt sich gefühlt in einen vollwertigen Papierersatz. Das gilt auch für den Pencil, der als absolute Kuli-Alternative durchgeht. Zudem ist ein Textmarker integriert, ein Radiergummi, man kann die Farben munter wechseln und es gibt eine Unterstützung für das Malen von Grafiken. Was zudem wirklich toll ist: im Meeting Fotos schießen und gleich zu den Notizen hinzufügen. Diese funktioniert ebenso gut wie bei PDFs, die der Kollege als E-Mail rübergeschickt hat. So hat man alles beieinander und für jeden Anlass in einem extra Notizbuch – und nicht etwa alles hintereinander weg wie in der Papierversion. Schon nach dem ersten Meeting war ich deswegen vom Schreiben auf Glas überzeugt. Nach nur zwei Wochen schreibe ich jetzt unterwegs immer auf dem iPad und lasse die Aktentasche in der Regel zuhause. Denn das Schreiben geht flüssig und fühlt sich inzwischen ganz natürlich an. Meine Notizen sehen genauso aus wie auf dem Papier, können aber viel besser organisiert und am Ende auch gelöscht werden. Auf meinen Schreibtisch in der Agentur liegt zwar immer noch der Papierblock und auch die kleinen Papierstapel sind noch nicht verschwunden. Ich befürchte aber, dass ihr Ende bereits eingeläutet ist.Entdecke mehr von blog'n'relations
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