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… ist keine Frage, die wir heute stellen wollen. Denn, ob man sie bejubeln oder verdammen mag: geschlechtersensible Sprache ist gekommen, um zu bleiben. Aber in welcher Form? Denn auch im Jahr 2023 gibt es nicht die eine geschlechtergerechte Sprache. Stattdessen streiten Verfechter und Gegner bereits seit den 1970er Jahren über die richtige Strategie, identifizieren neue Methoden und zuweilen auch neue Feindbilder. Statt also die Gretchenfrage zu stellen, wagen wir heute den Versuch eines aktuellen Überblicks*.

Strategien und Methoden

(Fast) niemand kommt zu kurz: Mischform Doppelnennung
Liebe Leserinnen und Leser,

die Doppelnennung nennt explizit sowohl die männliche als auch die weibliche Bezeichnung und ist, wenn genügend Platz und Zeit vorhanden sind, entsprechend beliebt. Ihr größter Vorteil: Sie geht auch in gesprochener Sprache vergleichsweise gut von den Lippen und gilt, da sie ohne Sonderzeichen auskommt, gemeinhin als pragmatische Kompromisslösung. Kritiker weisen jedoch darauf hin, dass Trans-, intergeschlechtliche und nicht binär verortete Menschen unsichtbar bleiben. Wiederum andere Kritiker beklagen, bei zu häufigem Gebrauch, ausufernde Satzungetüme.

Die Doppelnennung abgekürzt: Veraltet, aber amtlich korrekt
Liebe/r Leser/-in und liebe LeserInnen,

um allzu lange Sätze zu vermeiden, war die verkürzte Doppelnennung, amtlich korrekt mit Schrägstrich, und ab den 1980er Jahren auch mit Binnen-I, noch vor nicht allzu langer Zeit die Methode der Wahl, wenn es darum ging, Inklusion und Leserlichkeit weitestgehend zusammenzubringen. Der Kritik, nonbinäre Menschen nicht sichtbar zu machen, sind aber auch diese Formen ausgesetzt.

Maximal inklusiv: Asterisk, Gender-Gap und Doppelpunkt, Mediopunkt, Ausrufezeichen und Trema
Liebe Leser*innen, Leser_innen und Leser:innen, Leser·innen, Leser!nnen und Leserïnnen,

gegen diese Exklusion nonbinärer Menschen stemmen sich in jüngster Zeit die Sonderzeichen Asterisk, Gender-Gap, Doppelpunkt und, vereinzelt, auch Mediopunkt, Ausrufezeichen und Trema. In der gesprochenen Sprache sollen sie durch einen sogenannten Glottisschlag angezeigt werden – einer kurzen Sprechpause, die auch im genderunverdächtigen Wort „vereisen“ zum Einsatz kommt. Zwar sind die Sonderzeichen maximal inklusiv – aber nicht barrierefrei, weshalb auch sie nicht jed*e Kritiker*in überzeugen können. Die monieren nämlich Lernhürden und Schwierigkeiten vor allem für Deutsch-Lerner_innen oder Leser:innen mit Lese- oder Hörschwächen.

Kurz, knackig und grammatikalisch umstritten: Das substantivierte Partizip
Liebe Lesende,

um die Klippen der Inklusion zu umschiffen, verwenden Schreibende und Sprechende mit zunehmender Freude substantivierte Partizipien und Adjektive. Die Formen sind dezidiert geschlechtsneutral und scheinen fest im tradierten Sprachgebrauch verankert – denn was unterscheidet Vorsitzende von Mitarbeitenden? Ganz so einfach ist es leider nicht. Denn ursprünglich drückte das Partizip keine dauerhafte, sondern eine gegenwärtige Handlung „im Moment“ aus. Während sich Begriffe wie „Vorsitzende“ zwar vereinzelt als eigenständige Bezeichnungen etablieren konnten, ist die allgemeingültige Anwendung des Partizips als Substantiversatz, etwa in Form Mitarbeitender oder Lesender in der Grammatik nicht vorgesehen. Eigentlich.

Alt- aber noch nicht ausgedient? Das generische Maskulinum
Liebe Leser,

wer fühlt sich angesprochen? Grundsätzlich ist vom generischen Maskulinum die Rede, wenn durch die Verwendung der maskulinen Form alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen werden sollen. Diesem Argument seiner Verfechter liegt die Annahme zugrunde, dass das grammatische Geschlecht, Genus, und das natürliche Geschlecht, Sexus, vollständig unabhängig voneinander existieren, die generische Bezeichnung also neutral ist. Während das generische Maskulinum für seine Befürworter damit seiner Natur nach inklusiv ist, wird die Form von ihren Kritikern zunehmend als exklusiv männlich interpretiert – und auch eine deutlich engere Verbindung von grammatischem Genus und dem Geschlecht einer Person postuliert. 

Eine Sonderrolle, liebe Leserinnen, spielt in diesem Zusammenhang das generische Femininum, das seinen Weg bereits in die eine oder andere universitäre Grund- und Geschäftsordnung gefunden hat.

Was sonst noch möglich ist: Umschreibungen und Passivsätze
Liebe Menschen, die bis hierher durchgehalten haben,

wenn nichts mehr geht, geht es zuweilen an anderer Stelle weiter – auch wenn das Ergebnis für die Personen, die das Geschriebene zu lesen bekommen, dann vielleicht nicht mehr ganz so hübsch und elegant ist. In diesem Fall kann alle disputierte Methodik beiseite gewischt und auf Umschreibungen oder Passivsätze ausgewichen werden.

Und der Rest der Welt?

Macht sich ebenfalls seine Gedanken, mal mehr, mal weniger. So haben englischsprachige Muttersprachler ohnehin schon ein einfacheres Los gezogen und weichen, wenn das Geschlecht offenbleiben soll, häufig auf das neutrale Pronomen „they“ aus. Schwerer macht es sich hingegen die Frankophonie, die bis heute um jeden Quadratmeter Fortschritt oder Rückschritt ringt – je nach Perspektive. Aber das ist ein Thema für einen anderen Blog.

*ohne Anspruch auf Vollständigkeit


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