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Manchmal hat man seltsame Einfälle. Etwa, wenn man an einem düsteren Nachmittag Anfang November im Büro sitzt und plötzlich darauf hingewiesen wird, dass man in Bälde wieder mit dem Prakti-Blog dran sei. Dann denkt man nach. Und hat keine Idee. Dann denkt man etwas mehr nach und hat eine Idee. Die aber ganz fürchterlich ist, weswegen man sie sofort wieder verdrängt. Dann hört man auf nachzudenken und beschäftigt sich mit etwas anderem. Nach einiger Zeit ist der Blog-Beitrag schon fast in Vergessenheit geraten, als plötzlich der Geistesblitz kommt: Was wäre, wenn die berühmten Schriftsteller der Geschichte in der PR gearbeitet hätten?

Wie bereits erwähnt, ein seltsamer Einfall. Aber eben auch ein interessanter. Die großen Literaten, von Aufklärung bis Gegenwart, nutzen ihren Intellekt und ihre Sprachgewalt, um der gebannten Öffentlichkeit zu berichten, wie ein neuer Baumarkt eröffnet wird. Mit scharfer Zunge philosophieren sie über die Vorzüge von E-Bikes, Boxspringbetten oder atmungsaktiver Sportunterwäsche. Das klingt zuerst einmal absurd und reichlich albern. Das ist es auch. Aber eben nicht nur absurd und albern, sondern auch auf eine eigenartige Weise faszinierend.

Perfekte Kombinationen und ungleiche Paarungen

Man stelle sich Franz Kafka als Pressesprecher einer öffentlichen Behörde vor. Wohl niemand könnte den verwirrenden, bürokratischen Wahnsinn besser vermitteln. Die Social-Media-Kanäle eines Yoga-Studios könnten ungemein von Hermann Hesses esoterischen Ausführungen profitieren. Die Pressemeldungen eines George R. R. Martin würden zwar immer mit mehreren Jahren Verspätung erscheinen, dafür wären sie extrem ausführlich und enthielten jedes Detail zu den firmeninternen Intrigen. Und wie ironisch wäre es, würde George Orwells PR-Agentur einen Hersteller von Überwachungskameras vertreten?

Aber nicht nur die Autoren des 20. und 21. Jahrhunderts brächten einen anderen Stil in die Branche. Je weiter wir zurückgehen, desto sonderbarer wird die Vorstellung. Dass Karl Marx irgendetwas Positives zum Erfolg eines Privatunternehmens beizutragen hätte, mag bezweifelt werden. Ob Kants kategorischer Imperativ auf B2B-Strategien anwendbar wäre, ist ebenfalls fragwürdig. Dagegen könnte Jane Austens Facebook-Kampagne tatsächlich effektiv sein. Emotionale Nahbarkeit und ein wenig Feminismus, damit können Unternehmen auch heute noch auftrumpfen.

Mehr Literatur wagen

Wer bis hierhin gelesen hat, fragt sich jetzt wahrscheinlich: „Was soll der Quatsch?“. Diese Frage ist vollkommen berechtigt. Abgesehen davon, dass es eine interessante Vorstellung ist, bietet diese Überlegung auf den ersten Blick keinen Mehrwert. Denkt man aber ein wenig länger darüber nach, kann man zumindest zu dem Schluss kommen, dass etwas mehr literarisches Know-How in der PR nicht schaden könnte. Dass soll nicht heißen, das PR-ler schlecht schreiben, auf keinen Fall. Nur vermisst man oft das gewisse Etwas, das einen informativen Text zu einem lesenswerten Text macht. Natürlich ist man in dieser Branche viel mehr an Formalitäten gebunden als im Literaturbetrieb. In einer Presseinformation liegt der Fokus eben auf der Information, und wer zu sehr seinen inneren Poeten auslebt, verscherzt es sich schnell mit den Journalisten. Im Social-Media-Bereich sind die Freiheiten aber schon größer. Hier kann auch eine Geschichte abseits der bloßen Fakten erzählt und stilistisch etwas mutiger geschrieben werden. Natürlich alles im Rahmen dessen, was man der Zielgruppe zumuten kann.

Welches Fazit lässt sich daraus ziehen? Dass nun alle Germanistik und Literaturwissenschaft anstatt von Unternehmenskommunikation studieren sollten? Nein, sicher nicht. Die Werkzeuge der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sind ohne Frage wichtiger als ein kreativer Schreibstil. Es kann jedoch nicht schaden, ab und an ein gutes Buch zur Hand zu nehmen und sich inspirieren zu lassen.

 

Christoph Buck


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