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Praxisnahe Anwendungsmöglichkeiten jenseits des Hypes

KI, KI und nochmal KI – selbst als technologieaffinem Menschen konnte es einem in den letzten Monaten doch langsam zu viel werden mit all der künstlichen Intelligenz. Von A wie Anlagenbau bis Z wie Zahnmedizin musste sich plötzlich jede Branche mit dem Hype-Thema befassen, und selbstverständlich hatten alle nur davon zu profitieren. Zumindest wenn man den KI-Evangelisten glauben mag. In der PR galt dies umso mehr, und so durfte man sich als Pressearbeiter seit dem Launch von ChatGPT praktisch ununterbrochen anhören, wie viel schneller, effizienter und leichter man jetzt seine Arbeit erledigen könne.

Nun, gut eineinhalb Jahre später, setzt jedoch bei manchen Anwendern langsam Ernüchterung ein. Wie sich herausstellte, reicht es eben doch nicht, dem Sprachmodell ein paar kurze Anweisungen zu geben („Verfasse einen stichhaltigen Fachartikel zu verschränkten Quantenzuständen, 9.000 Zeichen, nicht zu trocken“), um dann ohne Aufwand ein brauchbares Ergebnis zu erhalten. Nicht umsonst hat sich das Prompting – also die Kunst, die KI möglichst treffsicher zum Schreiben aufzufordern – längst zu einer eigenen Wissenschaft entwickelt, in die einige so viel Zeit und Arbeit investieren, dass sie den eigentlichen Text auch gleich selbst hätten verfassen können. Auch ich selbst verwende unser Agentur-eigenes Pro-Abo von ChatGPT deshalb nie, um Pressemeldungen und Co. von Grund auf zu erstellen.

Das bedeutet jedoch nicht, dass ich mit der künstlichen Intelligenz gar nichts anzufangen wüsste. Im Folgenden möchte ich deshalb ein paar Anwendungsmöglichkeiten vorstellen, die den Arbeitsalltag tatsächlich erleichtern – von denen womöglich noch nicht jeder gehört hat.

1. Social-Media-Posts aus bestehendem Content erstellen

PR-Profis kennen das Spiel: Die Presseinformation ist fertig versandt und gegebenenfalls schon auf der Webseite des jeweiligen Unternehmens eingestellt, da soll man auch noch einen LinkedIn-, Facebook- oder sonstigen Social-Media-Beitrag dazu posten. Natürlich kann man es sich jetzt leicht machen und einfach das Intro der Meldung kopieren, noch ein paar Hashtags dazu, und fertig. Ein Scroll-Stopper oder auch nur ansatzweise kanalgerecht ist das nun aber wahrlich nicht. Sich einen komplett neuen Beitrag zu überlegen, frisst jedoch eine Menge Zeit. Hier kann die KI ihre Stärken ausspielen – einfach den gesamten Text in das Chat-Fenster kopieren und um die Aufforderung „erstelle hieraus einen Social-Media-Post“ ergänzen, und schon erhält man (meistens) einen brauchbaren Beitrag. Hier und da muss man zwar noch etwas nachjustieren (ChatGPT hat etwa eine etwas überbordende Vorliebe für Emojis…), aber im Großen und Ganzen lässt sich gut damit arbeiten.

2. Lange Briefing-Dokumente zusammenfassen

Bevor man sich an das Schreiben einer Pressemeldung oder eines umfangreicheren Artikels machen kann, gilt es zunächst den vorhandenen Input zu sichten und (gedanklich) in Form zu bringen. Je nach Umfang kann sich dies jedoch als durchaus anspruchsvolle Aufgabe entpuppen – wer von seinen Kunden schon einmal 90-seitige Whitepaper und ähnliches bekommen hat, weiß wovon ich spreche. In den seltensten Fällen sind all diese Informationen tatsächlich für den Text relevant, dennoch muss man sich durch die gesamte Briefing-Flut kämpfen. Die KI ist hier nun eine willkommene Unterstützung. In Sekunden kann sie auch sehr lange Dokumente auf das Wesentliche eindampfen. Je nach Wunsch kann der Inhalt dabei in wenigen Stichpunkten, nach Themenfeldern sortiert oder anderweitig zusammengefasst werden. Ist man auf ganz bestimmte Infos aus, ist die künstliche Intelligenz auch problemlos dazu in der Lage, riesige Texte nach konkreten Stichworten und Zusammenhängen zu durchsuchen. Besonders praktisch: Man muss den Text nicht einmal in Reinform in das Chat-Fenster kopieren. ChatGPT kann mittlerweile auch hochgeladene Word- sowie PDF-Dokumente und sogar Bilddateien direkt durchsuchen.

3. Clippings schneller finden

Eine gerne übersehene, aber dennoch sehr wichtige Aufgabe eines PR-lers ist das Finden und Clippen von Veröffentlichungen. Denn die Kunden möchten selbstverständlich sehen, dass all die Arbeit auch irgendeinen sichtbaren Effekt in der Medienlandschaft hat. Tagtäglich durchforsten wir deshalb, neben unseren Schreibtätigkeiten, die Online- und Print-Fachmagazine der entsprechenden Branchen. Während sich Veröffentlichungen im Internet in der Regel recht unkompliziert per Suchmaschine ausfindig machen lassen, ist bei den gedruckten Zeitschriften ein aufmerksames Auge gefragt, um keine Erwähnung der jeweiligen Unternehmen zu überlesen. Deutlich vereinfachen und beschleunigen lässt sich dieser Prozess, wenn ein E-Paper vorliegt, denn in einem solchen kann nach konkreten Stichworten gesucht werden. Noch einen Schritt weiter kann man mit KI-Unterstützung gehen. So lässt sich mit ChatGPT und Co. etwa auch nach bestimmten thematischen Zusammenhängen suchen, ohne den wortwörtlichen Suchbegriff eingeben zu müssen. Ein weiteres Plus der KI: Sie kann auch PDFs verwerten, die eigentlich nicht maschinenlesbar sind. Auch Screenshots, Scans oder Fotos lassen sich so teilautomatisiert prüfen.

Schon diese drei Beispiele zeigen, dass die Anwendungsmöglichkeiten umso interessanter werden, je mehr man sich von dem Gedanken löst, die KI müsse das eigentliche Verfassen der Inhalte übernehmen. Denn auch gemeinsam mit anderen KI-Tools, die an dieser Stelle nicht erwähnt wurden (DeepL, Dall-E etc.) können ChatGPT, Gemini und andere GenAI-Anwendungen PR-Profis nicht ersetzen – ihnen aber auf jeden Fall den Arbeitsalltag erleichtern.