Jahrelang hat sich der Großteil unserer Gesellschaft in den sozialen Medien immer wohler gefühlt. Was haben wir nicht alles preisgegeben, geteilt und kommentiert. Soll das alles nun vorbei sein? Immer mehr Menschen löschen ihren Account oder benutzen Social Media schlichtweg nicht mehr. Ist das nur eine vorübergehende Phase oder ein langfristiger Trend?
Sorgsamer posten oder Account löschen?
Schon vor Jahren gab es Vorfälle, wie zum Beispiel Einbrüche in die eigene Wohnung, weil man auf Facebook gepostet hatte, dass man in den Urlaub fliegt. Sollte man seinen Umgang mit den sozialen Medien überdenken? Oder wäre es besser, direkt alle Aktivitäten zu löschen? Die Gesellschaft ist sich uneins.
Die Promis sind’s
Gerade Menschen, die über einen gewissen Bekanntheitsgrad verfügen, sind im Netz Hass und Schikane ausgesetzt. Sie sehen sich oftmals einer Wand aus Beleidigungen und Kritik gegenüber. Konfrontiert mit all dem Hass entscheiden sich manche Stars dazu, ihre Kanäle einfach zu löschen, mal durchzuatmen. Ein weiterer Grund ist oftmals auch die Angst, Hackern zum Opfer zu fallen oder gestalkt zu werden. Und es ist natürlich ihr gutes Recht, sich aus den sozialen Medien zurückzuziehen.
Ich bin zwar verdutzt, wenn ich beispielsweise das Profil eines Promis auf Instagram suche und nicht fündig werde – vor allem, weil viele Stars ja gerade die sozialen Medien nutzen, um von ihrer Reichweite Gebrauch zu machen, also Kooperationen einzugehen oder ihre Ansichten zu verbreiten. Nichtsdestotrotz entscheiden sich immer mehr dagegen. Der neue Trend scheint eben „weniger Stress statt mehr Follower“ zu sein.
Nicht nur unter den Stars hält dieser Trend an. 2020 gaben bei einer Umfrage in Deutschland 36 Prozent der Befragten an, möglicherweise ihren Facebook-Account löschen zu wollen, 27 Prozent zogen das für Twitter und 22 Prozent für Instagram in Betracht. Eigentlich sollte man ja eher denken, dass die Menschen während Pandemie-Bedingungen versuchen, sich über Social Media näher zu kommen, sich die Zeit zu vertreiben. Doch für viele ist der Ton zu rau geworden. Aber eben nur für viele, nicht für alle. Denn die Anzahl der Benutzer von Portalen wie Twitter und Co. steigt. Das Bedürfnis nach Kontakten, Teil einer Gruppe zu sein oder anerkannt zu werden, überwiegt für viele die negativen Seiten dieser Portale.
200 Jahre zurück
Lieber ins Private zurückziehen, mehr an sich selbst denken. Das erinnert mich an Berichte aus einer anderen Zeit – die Biedermeier-Epoche des 19. Jahrhunderts. Was sie mit der Digitalisierung des 21. Jahrhunderts zu tun hat? Naja, schon damals zog man sich ins eigene Heim zurück, da man dort das Gefühl von Sicherheit empfand. Aber es war nur eine kurze Zeitspanne, in der sich die Menschen zurückgezogen haben. Solche Trends gab es auch früher schon. Es ist schon komisch, zwei so verschiedene Zeiten gedanklich zu vergleichen, doch vielleicht sind die Parallelen stärker als man denkt.
Und was ist mit uns?
Klar, Privatpersonen machen einen weit größeren Teil in den sozialen Netzwerken aus. Aber was ist mit Unternehmen? In der heutigen Welt ist Social Media im Marketing und in der PR-Branche nicht mehr wegzudenken. Wenn sich nun immer mehr Menschen aus den digitalen Netzwerken zurückziehen, haben dann Social-Media-Kampagnen überhaupt noch eine Zukunft? Bestimmt. Ich glaube nicht, dass in den Agenturen bald nur noch an Flyern und Prospekten gebastelt wird. Printmedien machen zwar noch immer einen großen Teil der PR-Arbeit aus, doch Social Media ist längst nicht mehr wegzudenken. Gerade deshalb ist es auch für uns besonders interessant, wie sich die Aktivitäten auf Social Media weiterentwickeln werden. Und wie wir die Menschen auf den sozialen Medien optimal erreichen.
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