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Wie Falschmeldungen Karriere machen können

Wie eine kleine Schockwelle ging die Nachricht neulich durch unser Büro – Hashtags auf Linkedin sind tot! Endlich nicht mehr jeden Beitrag mit den allgegenwärtigen Rauten verunstalten und sich bei jedem Post noch 100 zusätzliche Schlagwörter überlegen! Endlich wieder mehr Zeit, sich mit gutem Content, anstatt mühseliger Reichweitenoptimierung zu befassen! Na, wenn das kein Grund zum Feiern ist.

Epizentrum der Information war – wie sollte es anders sein – ein Linkedin-Beitrag. In diesem wurde überzeugend dargelegt, dass die Business-Plattform nach monatelangen Downgrades und Testphasen den Hashtag nun endgültig zu Grabe getragen habe. Da just an dem Tag, an dem mir dieser Post in die Timeline schwappte, auch die Hashtags in meinen eigenen Beiträgen nicht mehr funktionierten, erschien mir dies nur logisch und so berichtete ich den Kolleginnen und Kollegen davon. Von mir ausgehendend wurde die Nachricht dann mit einer Mischung aus Verwunderung, Neugier und Erleichterung von Schreibtisch zu Schreibtisch und per Messenger an die anderen Agenturstandorte getragen. Der eine oder die andere stellte sich zunächst noch die Frage „Kann das wirklich sein?“ (immerhin war das vieleckige Sonderzeichen doch seit vielen Jahren aus kaum einem sozialen Medium wegzudenken). Doch recht schnell stellte sich der Konsens ein, dass das schon so sein müsse. Denn wirklich gut fand die Hashtags ja eigentlich nie irgendjemand und einen nennenswerten Boost hinsichtlich Impressions und Co. konnte man sowieso nicht feststellen…also wird das schon stimmen.

Von Wunschdenken zu Fake News

Nun, die deutsche Sprache kennt die nette Redewendung „Der Wunsch war Vater des Gedankens“. Das beschreibt sehr treffend, was hier passiert ist. Meine bereits bestehenden Zweifel an der Sinnhaftigkeit von Hashtags, in Kombination mit dem Ausfall der Funktionalität, brauchten nur noch etwas seriös anmutende Bestätigung, und fertig war die Meinung. Und Meinungen haben so an sich, dass sie kundgetan werden wollen, weswegen ich diese auch recht überzeugt durch das Büro posaunte. Meinungen sind aber eben keine Fakten, wie einem spätestens ein gewisser amerikanischer Präsident klar gemacht haben sollte.

So dauerte es auch nicht lange, bis mich bzw. uns die Realität einholte. Einen besonderen Dank möchte ich an dieser Stelle an meinen Kollegen Florian Fischer von unserer Software-Tochter PressFile aussprechen: Als bereits die halbe Agentur mit der Verschlagwortung per Raute abgeschlossen hatte, behielt er einen kritischen Blick und recherchierte, was es tatsächlich mit dem Hashtag-Sterben auf sich hat. Wenig später machte er mich darauf aufmerksam, dass besagter Linkedin-Post die einzige auffindbare Quelle für das vermeintliche Ende der Funktionalität sei. Ein offizielles Statement seitens Linkedin gab es sowieso nicht (wie fast alle sozialen Medien scheut sich auch die Microsoft-Plattform davor, offenzulegen, wie ihr Algorithmus funktioniert) und dann stellte sich auch noch praktische Nutzererfahrung gegen die Theorie: Plötzlich funktionierten die Hashtags wieder.

Haben Hashtags eine Zukunft? Na ja…

Mit etwas Abstand lässt sich jetzt also festhalten: Wir haben den Grabstein wohl etwas zu früh gravieren lassen. Nachdem sich der Nebel des Wunschdenkens lüftete, wurde schnell klar, dass es sich bei der zwischenzeitlichen Deaktivierung der Hashtags wohl um einen Test seitens Linkedin oder ein technisches Problem gehandelt hatte. Stand heute (17. Oktober 2024) funktionieren die Schlagworte größtenteils wie gewohnt – nur ab und an sind sie bei einzelnen Posts deaktiviert. Ob Hashtags jedoch tatsächlich noch etwas bringen, sprich einen nennenswerten Effekt auf die Reichweite haben, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Vergleicht man die Impressions, Klicks und Reactions von Beiträgen ohne und mit Hashtags fällt kein signifikanter Unterschied auf, schon gar keinen, der sich nicht auch durch andere Faktoren erklären ließe. Aus diesem Grund habe ich meine persönliche Entscheidung, auf das vermeintliche Reichweitenwerkzeug zu verzichten, bisher auch weder bereut noch revidiert. Wer jedoch noch an der alten Gewohnheit festhalten möchte, braucht dies vorerst auch nicht zu ändern. Die kommenden Wochen und Monate werden dann hoffentlich zeigen, ob der Hashtag auf Linkedin eine Zukunft hat.

Und wenn wir auch sonst nichts aus der ganzen Geschichte gelernt haben: Es ist zumindest schön zu sehen, dass Fake News nicht immer verheerende Konsequenzen haben müssen. Manchmal sind sie sogar ziemlich egal.