Wie ein PR-Berater auf dem DemoDay der EUROBIKE 2013 voll abfährt
27. August 2013, 8:00 Uhr: Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern, sanft zieht sich die Hügellandschaft rund ums spätsommerliche Ratzenried im Vorgebiet des Bodensees. Von fernher wirkt das trubelige Sportgelände wie für eine Kirchweih oder ein 75jähriges Freiwillige-Feuerwehr-Jubliläum hergerichtet. So dürfen Messeauftakte gerne öfters gestaltet sein. Beim Näherkommen rücken hunderte recht jugendlich und sportlich wirkende Personen eventuelle Sentimentalitäten aber schnell beiseite. Zahllose enge, kurze und vor allem bunte Outfits – radfahrend, radschiebend oder auf Messeständen diskutierend: Mit meinen Pressemappen in der Hand fühle ich mich augenblicklich dick und alt.
Auch 2013 versammelte sich Ende August die internationale Welt des Fahrrads in Friedrichshafen zur EUROBIKE. Hersteller aus allen Kontinenten stellen auf der größten Fahrradmesse der Welt die neuesten Entwicklungen rund ums Rad dem Fachhandel, der Medienwelt und dem fahrradbegeisterten Publikum vor. Und am sog. „Demo-Day“ im idyllischen Ratzenried, einen Tag vor der offiziellen Messeeröffnung, dürfen Fachhändler und Journalisten die eigentlichen Anlässe auch selbst in Augenschein nehmen und fahren, fahren, fahren …
Üblicherweise spielen sich Pressebetreuungen für unsere Kunden auf Messen ja eher in Konferenzräumen (Pressekonferenz) oder auf Messeständen (Einzelgepräch/Interview) ab. Vorherrschender Eindruck und gemeinsamer Nenner bei B2B-Messen: erklärungsbereite Mitarbeiter vor präsentationsschwangeren Laptops und Monitoren. Dass ich einmal unter sommerblauem Himmel mit Journalisten über das Für und Wider von elektronisch unterstützten Fahrrädern, sog. Pedelecs, diskutiere und Fahreindrücke austausche, habe ich dem glücklichen Umstand zu verdanken, dass ich das Unternehmen flitzbike, einen Newcomer auf dem Pedelec-Markt, betreuen darf. Als Tochter der Knubix GmbH aus Bodnegg (Solarmontage-Lösungen und Energiespeicher) entwickelt, plant und baut die schwäbische Manufaktur sehr hochwertige und langlebige Pedelecs, mit denen Anstiege, Hügel und Berge kinderleicht zu meistern sind.
Vielleicht war aber auch ein Gott mir wohlgesonnen, dass er mir nach Jahrzehnten der Kommunikation für erklärungsbedürftige Produkte etwas gönnte, das keiner seitenlangen Ausführungen über Funktionalitäten, ROI sowie Kunden- und Wettbewerbsvorteile bedarf: Die Erfahrung, dass eine Geste, eine Einladung, eine Aufforderung auch überzeugende Effekte auslöst. Statt „Ich führe Ihnen mal vor, wie …!“ ein einfaches: „Nimm, sitz auf und fahre!“ Bei mir hat es jedenfalls funktioniert. Bevor ich auch nur ansetzen konnte, mit dem Marketingleiter über die bis zu 45 km/h schnellen Renner zu plaudern, maß mich der ebenfalls anwesende flitzbike-Monteur, dessen Statur man sofort glaubt, dass er jedes Modell eigenhändig fertigt, mit strengem Blick und sagte: „Jetzt fährst erstmal!“
Das war ein guter Rat. Denn nach einigen Runden durch die Argenbühler Hügel habe ich selbst „erfahren“, warum die Fachleute sich von Pedelecs auf dem übersättigten Fahrrad-Markt wahrhaft zusätzlichen Schub versprechen: Es macht einfach sehr sehr viel Spaß, derart mühelos die Landschaft zu durchmessen und dabei keinen Anstieg fürchten zu müssen – vorausgesetzt natürlich, der Akku hält durch. Auch die abfälligen Blicke der wadenrasierten, in buntestem Outfit gekleideten Rennradfahrer-Puristen, an denen ich gleichermaßen rasch wie entspannt lächelnd an den Hängen vorbeizog, sind da zu verschmerzen. Ich fühle mich jung und sportlich.
Es war ein schlechter Rat. Denn nach einigen Runden durch die Argenbühler Hügel bemerkte ich, wie ich innerlich regredierte auf denjenigen, der vor 48 Jahren erstmals ohne Stützräder der Gravitation balancierend trotzte und dem Rausch dessen erlag, was heute noch die sportlich ausgerichtete Automobil-Werbung am Laufen hält. Kurz: Ich wollte nicht mehr absteigen! Sondern einfach weiterfahren über die sommerlich grünen Hügel hinweg, leicht berghoch und schnell bergrunter, und vielleicht einem eher spätsommerpoesiegeprägtem Schicksal als einer von Presseprosa bestimmten Zukunft entgegen. Ich fühle mich jung und sportlich.
Nach diesem kurzen Augenblick gefühlten Glücks kehrte ich nach über einer Stunde zum Stand der flitzbike zurück, wo mich der Monteur schon leicht besorgt über den Verbleib des über 5.000 Euro teuren Edel-Gefährts erwartete. Er blickte in meine noch vom Fahrtwind geröteten wie leicht genässten Augen und bevor ich Worte fand, eine Eloge zu singen auf beseeligende Beschleunigungen und erwerbsmindernde Gefahren derart beglückender Mobilität, ruhten seine verständigen und gütigen Augen auf mir und sein tiefer Bass brummte nur: „Ich weiß!“ Und ich fühlte mich verstanden.
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