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Wer schon einmal Bauch-Beine-Po-Workouts absolviert hat, weiß: Es muss richtig brennen, sonst wird es nichts. Gemeint ist damit nicht nur der schmerzende Podex, sondern das Maß an Energie und Ausdauer, mit dem man zu Werke geht. Und noch eines ist wichtig: Man muss die richtigen Übungen kennen. Mit fünf effektiven Bewegungssequenzen ist in zehn Minuten mehr erreicht, als in einer Stunde Jane-Fonda-Gedächtnistraining. Diese recht einfache Regel funktioniert auch bei komplexeren Sachverhalten, etwa bei der Frage, wie ich meine Fähigkeiten und Leidenschaften so wirksam wie möglich in mein Leben einbringe. Wirksam bedeutet in diesem Fall: Glück mehren, Leid mindern. Gemeinsam mit einem meiner Lieblingsautoren Simone Sinek forschen wir heute nach moderner Lebensweisheit, die aus unserem gegebenen Portfolio an Talenten, das maximale Ergebnis herausholen soll.

Welche Lebensweisheit macht wohl aus einem Funken ein Feuerwerk?

Wir starten mit einem Gedankenspiel und stellen uns vor, alle Menschen wären mit den gleichen Talenten und Ressourcen ausgestattet. Was würde wohl dazu führen, dass die einen ein beruflich wie privat erfülltes Leben führen, die anderen ständig an der emotionalen und wirtschaftlichen Unterkante stehen? Was macht einen Durchstarter zum Durchstarter? Wie funktioniert „Overachieving“? Social Media-Plattformen wie Instagram & Co. geben hier am laufenden Band tolle Tipps und ToDo-Listen. Eine kleine Auswahl:

Selbstverständlich ist es jedem selbst überlassen, in welchem Maß er sich von diesen kompakten Motivationsversuchen ansprechen lässt. Meine Recherche führt mich weiter… Ich überspringe jetzt die unzähligen Bücher, Blogs, Apps, Workshops und Kurse zu Selbstoptimierung, Hausfrauen-Buddhismus und Energiefreisetzung. Schlussendlich lande ich auf der Speakers-Plattform TED und höre mal wieder einem Vortrag von Simon Sinek zu. Ein weiterer Link leitet mich zu einem YouTube-Vortrag mit dem Titel „5 Rules to Follow as You Find Your Spark.“ Den Inhalt dieser Session zu den wichtigsten fünf Samen Lebensweisheit möchte ich nun in den folgenden Leseminuten mit teilen. Ich erlaube mir dabei zusammenzufassen, zu ergänzen, zu interpretieren und weiterzudenken.  

Lebensweisheit 1 – “Go after the things you want”

Eine wahre Geschichte: Zwei Freunde nehmen an einem Lauf im Central Park teil. Das charmante an dieser Veranstaltung ist, dass Sponsoren am Ende der Strecke kleine Aufmerksamkeiten verschenken, etwa einen Apfel oder einen Bagel. Und so kommen auch die beiden erschöpften Läuferfreude nach dem Überqueren der Ziellinie in den Genuss eines Brötchens. Das Problem ist nur: Vor den Tischen mit den begehrten Semmeln stapeln sich hungrige Läufer.

Bei der Entscheidung, sich in die Schlange der Wartenden zu stellen oder nicht, sind die Freunde jedoch uneins. Der eine möchte sich anstellen, dem anderen ist die Schlange zu lang. Dieser Splitt ist ein Sinnbild dafür, wie viele Menschen durchs Leben gehen: Die einen sehen, was sie wollen und halten darauf zu (den Bagel), die anderen sehen nur das, was sie von ihrem Ziel abhält (die Schlange).

Diejenigen unter uns, die nun den Fokus auf das begehrte Brötchen richten, haben wiederum zwei Möglichkeiten: Sie stellen sich in englischer Manier brav in die Schlange und warten, bis sie an der Reihe sind. Oder sie laufen an der Schlange entlang und greifen bei einer sich auftuenden Lücke beherzt in die Brötchenkiste – allen Empörungsrufen zum Trotz.

Die geltende Lebensweisheit: Jeder sollte seine Ziele aktiv verfolgen, er darf dabei nur die anderen nicht daran (be)hindern, dasselbe zu tun. Anders ausgedrückt: Die Freiheit jedes Menschen endet immer dort, wo die Grenze des anderen beginnt. Simon Sinek sagt: „Du sollst unbedingt deinen eigenen Weg gehen. Du sollst erprobte Wege verlassen und auch Regeln brechen. Du solltest nur nicht den anderen bei deren Zielverfolgung in die Quere kommen.“ Ist das dann doch der Fall, heißt der Königsweg: Kommunikation und ggfs. auch Kompromiss. Das weiß sogar mein kleiner Sohn: Man spricht und trifft sich in der Mitte.

Lebensweisheit 2 – Maybe it is you 

Während des 18. und 19. Jahrhunderts starben bis zu 70 Prozent aller Gebärenden am Kindbettfieber. Viele Ärzte und Wissenschaftler machten sich auf die Suche nach der Ursache dieser unglaublich hohen Sterberate – ohne Erfolg. Erst 1843 brachte ein Arzt namens Oliver Wendell Holmes schlussendlich die These hervor, dass es die Ärzte selbst seien, die die todbringende Krankheit verursachten. Sie wuschen sich einfach nicht die Hände, bevor sie einer Gebärenden halfen. Doch es dauerte weitere drei Jahrzehnte, bis die Ärzteschaft ihre eigene mangelnde Hygiene und schlechte Desinfektion als das ursächliche Problem anerkannte. Tausende Frauen hätten überlebt, wenn die Männer der Wissenschaft nur eines in Betracht gezogen hätten: Vielleicht bin ich ja das Problem.

Das Phänomen der Verweigerung bis hin zur Selbstverleugnung ist heute aktueller denn je. Politiker, Manager, Ärzte und Wissenschaftler aller Gattungen, Lehrer, Abteilungsleiter sind schlau. Viel schlauer als andere. Sie planen, mauscheln und taktieren so lange im Verborgenen, bis die konstruierte Blase platzt. Unternehmen und ganze Wirtschaftssysteme kollabieren, Bildungskonzepte versagen, Integrations- und Inklusionsstrategien bringen nur Tonnen an Papier hervor, doch keine nennenswerten Ergebnisse. Jeder von uns kennt zahllose Beispiele erstaunlicher Fehlschläge, Rohrkrepierer und Katastrophen. Was diese fast immer gemein haben: Macher, die mit dem Finger auf andere zeigen, anstatt in den Spiegel zu sehen. 

Hier ist die Lebensweisheit einfach: Übernehme die Verantwortung für alle deine Handlungen und den daraus resultierenden Konsequenzen. Du darfst alles Lob der Welt auf dich verbuchen, solange du auch für deine Misserfolge geradestehst. Und wenn du Angst hast? Atme tief durch und mach es trotzdem.

Lebensweisheit 3 – Take care

Eine kurze Geschichte zum Auswahlprozess bei den Navi Seals: Um bei dieser Elitetruppe mitspielen zu dürfen, durchleben die Anwärter einen der härtesten Auswahlprozesse der Welt. Bereits fünf Minuten nach dem Morgenapell ist man hier schon jenseits der körperlichen, geistigen und seelischen Belastungsgrenze. Bei der Frage, was einen erfolgreichen Anwärter ausmacht, antwortet der Ausbilder: Ich kann die erfolgreichen Kandidaten nicht genau beschreiben, doch ich kann vorhersagen, wer es nicht schafft: Die tätowierten Muskelpakete schaffen es in der Regel nicht. Die wortstarken Anführer, die alle Aufgaben und Verantwortlichkeiten zum eigenen Vorteil auf die anderen Mitglieder des Teams verteilen und selbst kaum etwas leisten, schaffen es nicht. Die Football-Profis der Colleges, deren innerliche Tiefe einer Regenpfütze gleichkommt, schaffen es alle nicht. Manche der erfolgreichen Jungs sind schmal, dünn wie Strohhalme und ängstlich. Doch wenn sich diese Jungs in einer Situation befinden, die sie körperlich und seelisch vollständig erschöpft, finden sie trotzdem die Kraft, dem Kameraden neben sich zu helfen. Diese Jungs werden Seals. Ein Elitesoldat qualifiziert sich nicht nur durch Intelligenz, Kraft oder Geschwindigkeit. Seine herausragende Eigenschaft zeigt sich darin, anderen zu helfen – unabhängig jeder persönlichen Sympathie.

Und die Lebensweisheit? Die Welt ist zu gefährlich, um es immer und überall alleine zu schaffen. Und wer anderen hilft hat gute Chance, ebenfalls Hilfe zu bekommen. Das klingt doch vertraut, oder? Nur leider wird dieses Prinzip nicht sehr oft praktiziert. Denn der anstrengende Part ist interessanterweise nicht, Hilfe zu geben, sondern, um Hilfe zu bitten. Warum? Um Hilfe zu bitten wird in unserer Gesellschaft fataler Weise als Schwäche gesehen. Und das ist unfassbar falsch. Um Hilfe zu bitten ist ein Akt von Mut und Stärke. Wenn wir also die Möglichkeit haben, jemandem zu helfen, dann sollten wir das tun. Und zwar nicht weil wir es sollten, sondern einfach nur weil wir es können.

Das waren also die ersten drei Möglichkeiten, das Leben etwas gehaltvoller und vielleicht auch etwas selbstbestimmter zu gestalten. Die ausstehenden zwei „Lebensweisheiten“ folgenden in Bälde. So viel vorneweg:

  • Übe dich darin, der Letzte zu sein, der spricht
  • Verwechsle nie Prozellantassen mit Pappbechern

Herzliche Grüße

Monika Nyendick