Unternehmen brauchen buchstäblich einen guten Grund, um Produkte erfolgreich an den Mann und die Frau zu bringen – mit dieser These beschäftigte sich der Blog-Beitrag zum „Golden Circle“. Doch gesagt ist leichter, als getan. Nur weil wir als Marketiers verstanden haben, dass wir ein inspirierendes Warum benötigen, ist noch längst nicht geklärt, unter welchem Hütchen sich dieser sinnstiftende Unternehmenszweck versteckt. Deshalb nun ein kleiner Leitfaden, wie wir uns an das unternehmerische Warum anschleichen können, ohne in tiefenpsychologischen Exzesse abzutauchen.
Das Leid der guten Idee
Wenn wir Unternehmen gründen, entwickeln wir Produkte, die bedeutungsvoll für uns sind. Wir wollen etwas erreichen, etwas bewegen und arbeiten mit Enthusiasmus. Über die Jahre kann es passieren, dass sich unser Unternehmenszweck verwässert. Durch Pragmatismus, den Weg des geringsten Widerstands oder auch durch betriebswirtschaftliche Kompromisse. Fast jedem Unternehmer oder Geschäftsentwickler ist es schon einmal so ergangen: Man hat eine wirklich tolle Geschäftsidee – doch der Trend, der Markt will vermeintlich etwas anderes. Und Schwups verändert sich der unternehmerische Kurs. Je weiter man sich bei dieser Korrektur von seiner Ursprungsidee entfernt, desto unbekannter werden die Gewässer. Aus Unwissenheit entsteht Unsicherheit. Aus Unsicherheit entsteht Wankelmut. Und am Ende reiht sich eine Korrektur an die nächste. Hat man Glück, fährt man im Kreis und findet so seinen Anfang wieder. Hat man Pech, fährt man ins Lalaland der traurigen Me-Too-Kapitäne.
Der Golden Circle unter der Lupe
Wie kann eine Strategie aussehen, die nachhaltige Wirkung zeigt und Unternehmen die Idee und Leidenschaft erhält? Laut dem Buchautor Simon Sinek sind es drei zentrale Faktoren, die aufeinander aufbauen: Erst kommt das Warum, dann das Wie und dann das Was. Doch der Reihe nach.
Hand aufs Herz beim Unternehmenszweck
Wir rekapitulieren. Das WARUM beschreibt den Grund: Warum ist das Unternehmen angetreten, ein bestimmtes Angebot zu entwickeln? Warum bezeichnet den Antrieb, die Überzeugung. Die Essenz daraus formt den Unternehmenszweck und bezeichnet sich auch als Identität. Je glaubwürdiger, authentischer das Warum, umso stärker die inspirierende, handlungsauslösende Wirkung.
Wie kommen wir nun dorthin? Wir spielen „Hand aufs Herz“ und stellen uns ein paar Fragen, die uns auf die richtige Fährte bringen. Einige Beispiele:
- Was war die Idee, mit der wir angetreten sind, als das Unternehmen seine Produkte und Dienstleistungen auf den Market gebracht hat?
- Wie formulierte sich das erste Angebot?
- Welche Versprechen haben wir unseren Kunden gegeben, damit sie uns vertrauen?
- Haben sich diese Versprechen über die Jahre verändert?
- Was waren die Meilensteine der vergangenen Jahre, die massiven Einfluss auf unseren Unternehmenskurs gehabt haben?
Darüber hinaus überlegen wir uns, mit welchen Charaktereigenschaften wir die Persönlichkeit unseres Unternehmens beschreiben könnten. Wie forschen nach unseren Stärken und Vorbildern, aber auch nach unseren Erfolgs-Metriken und deren Adaption über die Zeit. Und noch vieles mehr. (Wer es genau wissen möchte: Unsere Strategieberater sind käuflich.)
Unternehmenszweck in Aktion: Erledige deinen Job!
Nachdem wir uns nun mit unserem Warum befasst haben, folgt der nächste Kreis des Golden Circle: Das Wie. Auch hier nochmals zusammengefasst: Das Wie beschreibt die Art und Weise, auf die das Warum in die Tat umgesetzt wird – etwa die Prozesse rund um Entstehung, Entwicklung, Produktion, Verkauf und Service eines Angebots. Oder auch spezielle Merkmale, die das Angebot vom Wettbewerb abheben. Das Wie ist ebenfalls wichtige Einflussgröße für wirksame USPs und unterstreicht die Glaubwürdigkeit des Warum.
Um sich diesem sehr umfangreichen Aufgabenblock ergebnisorientiert zu stellen, empfiehlt sich ein schrittweises Vorgehen. Fangen wir mit dem Produkt- und Kundenversprechen an. Im Gegensatz zum funktionalen Produktversprechen mit seinen konkreten Leistungsmerkmalen, beschreibt das Kundenversprechen den sogenannten „Job“, den unser Angebot für den Kunden erledigt: Wir fragen uns beispielsweise:
- Welches Erlebnis erfährt der Kunde durch den Kauf unseres Produkts?
- Welche Faktoren geben dem Kundenversprechen nachhaltige Marktrelevanz?
- Welche Faktoren machen das Versprechen einzigartig?
- Welches unternehmerische Verhalten unterstreicht das Erlebnis?
- Mit welchen Maßnahmen baue ich Vertrauen in dieses Kundenversprechen auf?
- Passt das Versprechen zum Unternehmenszweck?
Natürlich sollten wir im Zuge dessen auch unsere „Umgebung“ und unsere „Beziehungen“ unter die Lupe nehmen. Nur so können wir sicher sein, dass wir auch dort agieren, wo es sich lohnt (Where to play) und dass wir alle Bordmittel (Assets) zur Verfügung haben, um nachhaltigen Geschäftserfolg zu realisieren (How to win).
Ein Sack voller Möglichkeiten
Gute Strategie beschäftigt sich natürlich nicht nur mit dem eigenen Unternehmenszweck und dem daraus resultierenden Angebot. Vielmehr geht es darum, selbstbestimmt zu handeln und dabei vielversprechende Ideen zu erkennen und diese in den bestehenden Plan zu integrieren. Ziel ist die Balance zwischen dem selbstentworfenen Plan und den von außen getriggerten Möglichkeiten. Doch wie tun wir das? Wie entscheiden wir, an was wir festhalten und wo wir etwas verändern? Hier kommt die Reaktionskultur eines Unternehmens ins Spiel. Sie öffnet Räume, die es uns erlauben, Marktchancen gezielt zu bewerten und Konsequenzen abzuleiten. Wie bewertet man Neuland? Clayton M. Christensen, US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler und geistiger Vater der disruptiven Technologie, findet eine bestechend einfache Lösung, der wir uns anschließen. Wie stellen uns ein paar Fragen:
- Aus welchen konkreten Annahmen besteht die neue Chance?
- Welche dieser Annahmen müssen sich als zwingend wahr erweisen, damit der Plan für uns funktioniert?
- Sind diese Annahmen unter unserer Kontrolle?
- Sind diese Annahmen selbst- oder fremdgesteuert?
- Können wir die Wirkungsweise testen?
Practice what you preach
Kommen wir schlussendlich zum langweiligsten Aspekt des Goldenen Circle, zum Was. Das Was ist das sichtbare Ergebnis des Warum. Es ist die Beweisführung des unternehmerischen Antriebs und Bezeichnung des Angebots. Die Herausforderung liegt hierbei u.a. darin, dass die Produktbezeichnung das Warum treffend widerspiegelt und verständlich formuliert wird – eine Herausforderung bei völlig neuartigen Produktgattungen.
Und es gibt noch einen weiteren Aspekt, der unsere volle Aufmerksamkeit verlangt: die Ressourcenallokation. Denn Prioritäten, Prozesse und Reaktionskultur sind nichts wert, wenn sie keine Nahrung bekommen. Dies geschieht durch die Allokation der unternehmerischen Ressourcen Zeit, Energie, Talent und Geld. Anders ausgedrückt: Mit der Entscheidung, wofür ich Geld ausgebe, womit ich meine Zeit verbringe und wie ich meine Talente nutze, setzte ich ein klares Statement, was wirklich wichtig für mich ist.
Wenn unser Warum also im Verlauf der Zeit nichts mehr mit dem zu tun hat, was wir tatsächlich tun, liegt das oft daran, dass wir unsere Ressourcen nicht zielorientiert eingebracht haben. Um also die Strategie eines Unternehmens zu verstehen, muss man nur den Ressourcen folgen. Was ein Unternehmen tut, entscheidet über den Erfolg, nicht was es sagt, dass es tut.
Herzlich
Monika Nyendick
Entdecke mehr von blog'n'relations
Subscribe to get the latest posts sent to your email.