In Teil 1 unserer Serie berichtete Bruno Lukas von seinen Erfahrungen zum Thema Koppelgeschäfte. Markus Häfliger schildert nun die Lage in der Schweiz.
Im zweiten Teil unserer Artikelserie zum Thema Unabhängigkeit der Redaktionen vom Verkauf geht es um die Situation der Schweizer Fachverlage. Über die Beschreibung der Lage hinaus werde ich versuchen, Gründe dafür zu finden, dass Fachverlage ihre redaktionelle Berichterstattung auf ihre wichtigen Inseratskunden konzentrieren oder gar Bündel schnüren, die Anzeigen und redaktionelle Beiträge umfassen.
Zunächst zur Situation. Als früherer IT-Fachjournalist betreue ich heute vor allem IT-Unternehmen in Sachen Medien- und Öffentlichkeitsarbeit. Selbstverständlich gibt es auch hierzulande Verlage, die versuchen, Medienmitteilungen gegen Bares „abzudrucken“ oder Anwenderberichte und Fachartikel nur veröffentlichen, wenn ein Kunde entsprechende Anzeigen bucht.
Dieses Phänomen betrifft aber hauptsächlich kleine und weniger bedeutende Titel. Hier gibt es oft nicht mal eine eigene Redaktion, sondern es ist jemand für den Verkauf und die redaktionellen Inhalte in Personalunion verantwortlich. Bei den Schlüsselmedien – und die sind es schließlich, welche für unsere Kunden relevant sind – ist dies zum Glück noch nicht oder allenfalls ansatzweise Realität.
Denn sicher, auch bei Schlüsselmedien wird ab und zu ein Kunde bevorzugt, etwa wenn es darum geht, von zwei gleichwertigen Geschichten eine auszuwählen, weil der Platz für beide fehlt. Aber eine direkte Verknüpfung zwischen Verlag und Redaktion gibt es bei den Topmedien so nicht.
Insgesamt ist der IT-Fachzeitschriftenmarkt für ein kleines Land wie die Schweiz dennoch beachtlich, bedenkt man, dass der Anzeigenschwund bereits vor vielen Jahren begonnen hat. Es gibt gut zehn regelmäßig erscheinende Print-Titel und auch einige IT-Sonderpublikationen anderer Verlage. Weshalb ich das erwähne? Ganz einfach, aber nicht auf den ersten Blick ersichtlich: Von den großen Herstellern werden alle, also auch die kleinen und kaum relevanten Verlage, schön regelmäßig mit Mediabudget bedacht, sodass möglichst alle irgendwie „durchkommen“.
Man gibt so viel wie nötig und so wenig wie möglich, sodass die Verlage zu viel haben, um zu sterben, aber auch zu wenig, um gut davon zu leben. Der Grund liegt darin, dass die Schweiz als kleines Land mit rund 3 Prozent Umsatzanteil am gesamteuropäischen Markt bei internationalen Kampagnen einem weißen Fleck gleichkommen könnte. Hat es in einem Land zu wenig Potenzial, fallen diese aus der zunehmend von Konzernhauptquartieren gesteuerten Mediaplanung.
Die kleinen und unbedeutenderen Titel werden aber auch aus einem anderen Grund am Leben erhalten: Marketingleiter müssen viel mehr als früher ihre Ausgaben gegenüber dem Corporate Marketing rechtfertigen, indem sie Resultate vorlegen. Da kommt es gerade recht, dass in einem Reporting die Verantwortlichen im Headquarter keine Ahnung haben, ob für einen redaktionellen Beitrag Geld geflossen ist. Außerdem sind sie ein Mittel, um die Eitelkeiten der Manager zu bedienen – etwa indem man Interviews mit schönen Fotos der lokalen Geschäftsführer produziert.
Zusammengefasst ist die Verquickung von Verlags- und Redaktionsdienstleistungen in der Schweiz nicht neueren Datums. Die kleineren Titel tun dies schon seit jeher. Die wichtigen hantieren glücklicherweise noch nicht mit solchen Mitteln – und falls sie doch für redaktionelle Inhalte Geld verlangen, weisen sie diese auch entsprechend aus. Zugegeben sind sie von der Gestaltung her heute in den meisten Fällen nicht von den „echten“ redaktionellen Inhalten zu unterscheiden. Ein Umstand, der noch vor einigen Jahren auch von Verlagsseite her undenkbar gewesen und als unlauter angesehen worden ist. Aber immerhin steht oben links dann „Anzeige“, „Advertorial“ oder ähnliches.
Selbstverständlich hat der Rückgang der Budgets für Printwerbung auch hierzulande Folgen. Die Redaktionen sind stärker unter Druck als früher und müssen heute aus jedem Termin einen Artikel ziehen können. Man bedient sich zudem vermehrt an Berichten, die von außen angeboten werden –und hoffentlich entsprechend redaktionell aufbereitet sind – oder anderen legalen Tricks, wie doppelzeiligen Überschriften, mehr Schriftdurchsatz und -größe etc, weniger Inhalt (Seiten) und längeren Erscheinungszyklen.
So viel zu meiner Sicht aus der Schweiz. Wie sind Ihre persönlichen Erfahrungen?
Ihr Markus Häfliger
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