Diesel-Fahrverbote, Fachkräftemangel, verstopfte Straßen auf der „letzten Meile“: Die Logistik-Branche steht vor großen Herausforderungen – und mit ihr die zukünftige Entwicklung der deutschen Großstädte. Der Deutsche Logistik-Kongress der Bundesvereinigung Logistik (BVL) in Berlin benannte die Problemfelder und zeigte gleichzeitig diverse Lösungsansätze auf. Die Fachsequenz „urbane Logistik“ verdeutlichte eindrucksvoll, dass der kontinuierliche Dialog aller Beteiligten erfolgsentscheidend sein wird, wenn wir wachsende Metropolen umweltschonend versorgen wollen. Vieles steht und fällt mit einer guten Abstimmung und Kommunikation der Akteure unter- und miteinander.
Studie von Roland Berger
Im Eröffnungsvortrag stellte Tobias Schönberg von der Unternehmensberatung Roland Berger die Studie „Urbane Logistik – Perspektiven für 2030“ vor. Ziel sei es, der Branche und der Kommunalpolitik in den Metropolen mögliche Entwicklungsszenarien aufzuzeigen, denn es fehlten „Visionen für die Stadt im Jahr 2030“. Zwar stünde bei der Versorgung der Metropolen der Logistiker im Mittelpunkt, doch entscheidend sei, dass die Stadt eingreift und die richtigen Rahmenbedingungen für eine nachhaltige City-Logistik setzt. Notwendig sei eine Kooperation aller Beteiligten untereinander und mit der Kommune – unter Einbeziehung der Bürger in die Planungsprozesse.
Herausforderungen: Emissionen, Lärm und überlastete Infrastruktur
Im anschließenden Vortrag benannte Professor Dr. Uwe Clausen, Leiter des Dortmunder Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik (IML) die drängendsten Probleme der City-Logistik. Zentrale Herausforderung wachsender Metropolen sei, dass die Verkehrsinfrastruktur nicht mit dem Wachstum mithalte. Die Emissions- und Lärm-Problematik erschwerten den Lieferverkehr in sensiblen Gebieten. Mögliche Lösungsansätze seien z.B. Mikrodepots für Sammelgut und die Belieferung mit Lasträdern (und das erfolgsversprechend, wie die ersten Pilot-Projekte in Berlin zeigen, Anm. d. Red.). Mittel- und längerfristig seien auch Paketroboter und additive Fertigung denkbar. Im Fokus stünden im Moment alternative Antriebe, allem voran die Elektromobilität. Allerdings läge der Anteil von E-Fahrzeugen am City-Lieferverkehr noch unter 1 Prozent und damit ganz am Anfang, versuchte Prof. Clausen die „überhöhten Erwartungen“ an eine nachhaltige City-Logistik zu dämpfen.
Podiumsdiskussion mit Referenten
In der abschließenden Podiumsdiskussion brachte der Moderator Dr. Christian Jacobi, Geschäftsführer der Agiplan GmbH, die größte Herausforderung auf den Punkt: „Wir brauchen mehr Kooperation und die Bereitschaft der Akteure, Informationen zu teilen“.
Logistik-Akteure sollen ihre Daten teilen und miteinander kooperieren
Damit spielte der Stadtentwicklungs-Experte auf die Problematik an, dass City-Logistiker noch zu wenig bereit sind, ihre Daten mit Mitbewerbern zu teilen, um gemeinsam optimierte Supply-Chain-Prozesse aufzusetzen. So könnten zum Beispiel gemeinsame, abgestimmte Lieferverkehre für die letzte Meile etabliert werden. Und damit ließen sich die Anzahl der Fahrzeuge reduzieren und Strecken optimieren. Ziel sei die Belieferung über Innenstadt-nahe Mikrohubs, denn „der klassische Umschlag findet immer noch in Warehouses vor den Toren der City statt“, so Kuno Neumeier, Geschäftsführer der Logivest GmbH. Frank Sportolari, Präsident von UPS, ging noch einen Schritt weiter. Er regte an, dass Lieferdienste ihre Tourendaten an die Stadtverwaltung übermitteln und diese im Gegenzug Informationen für optimale Liefer-Zeitfenster bereitstellt – damit sich etwa die Müllabfuhr und KEP-Dienste nicht gegenseitig behindern.
Beispiel Hamburg: neue Fachabteilung „alternative Antriebe“
Dass in der Kommunalpolitik ein Umdenken einsetzt und Lösungen auch jenseits von Fahrverboten entwickelt werden, beweist Hamburg. Neben Luftreinhalteplänen und der Forcierung von E-Mobility im ÖPNV geht der Senat auch in der Verwaltung neue Wege: „Wir haben ein neues Referat ‚alternative Antriebe’ gegründet“, so Dr. Wibke Mellwig, die zuständige Amtsleiterin bei der Hamburger Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI).
Die Präsentationen und Diskussionen auf dem Deutschen Logistikkongress machen Mut. Es bleibt zu hoffen, dass es neben dem Fordern (z.B. Dieselfahrverbote) auch zu einer flächendeckenden finanziellen Förderung alternativer Antriebe und Logistik-Konzepte kommt – in Hamburg, Berlin und bundesweit.
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