Klack, klack, klack, klack, klack… Als Elektrotechniker ist es ja fast schon fehl am Platze, dass ich mich beim Fotografieren am Schlag eines mechanischen Schwingspiegels erfreue. Doch der Sound ist nicht der eigentliche Grund, weswegen ich mich für meine Kamera begeisterte. Es ist der Output, der zählt. Konsequent optimiert für eine Aufgabe, das Erstellen von Bildern (und ggf. auch Bewegtbild), ist eine Systemkamera mit wechselbaren Objektiven oder eine gute Kompakte dem Tausendsassa Smartphone beim Fotografieren oft deutlich überlegen – und somit ein ideales Werkzeug, um Pressefotos zu erstellen.
Tausendsassa Smartphone? Vom Shot bis zum Post alles im Griff
Ich habe nichts gegen Smartphone-Fotos. Im Urlaub, bei Ausflügen, für Posts auf Facebook und Co. sind Smartphones geradezu ideal. Bilder oder Clips sind im Handumdrehen geschossen, ggf. bearbeitet, verschlagwortet, veröffentlicht und Sekunden später wissen Freunde und Familie, was zuhause, bei der Party oder ganz woanders auf der Welt passiert. Und der smarte Handy-Nachfolger ist stets zur Hand. Wie heißt es doch: Die beste Kamera ist die, die man bei sich hat.
Kunst aus der Smartphone-Knipse
Auch Anspruchsvolles lässt sich mit den kleinen Telefon-Kamera-Communicator-Organizer-Rechnerersatz-und-Surf-Maschinchen abliefern. Wer wissen möchte, wie hoch (sehr hoch!) die Messlatte bei guten Smartphone-Fotos liegt, findet u.a. bei den IPPAWARDS (iPhone Photography Awards) Beispiele. Die Palette reicht von High-key-Cat-Content der Königsklasse (siehe Katzenfoto bei „2015 Winners – Animals“) über People und Porträt bis zu Panoramen. Aber so eben im Vorbeigehen entstehen die wenigsten dieser Werke. Um sie zu schaffen, braucht es super Kenntnisse der Fotografie, den richtigen Blick und/oder das perfekte Arrangement sowie Tricks, um die Tücken des Werkzeugs Smartphone zu überspielen. Wer – wie ich – nicht zu den Upper Tens der Fotografen gehört und trotzdem Pressefotos machen muss, findet Alternativen, die größere Erfolgsaussichten versprechen: Fotoapparate im klassischen Gewand.
Masse mit Klasse. Oder: „size matters“
Klobig ist meine Kamera. Und zerrt zusammen mit einem Standard-Zoom schon mit 1,5 Kilogramm an der Schulter. Aber sie hat auch etwas zu bieten: Statt das Smartphone mit ausgestreckten Armen (weil ich altersweitsichtig bin) und spitzen Fingern (damit ich Linse und „Sucher“-Display nicht verdecke) zu halten, als würde ich mich vor der Berührung ekeln, kann ich den Griff meiner Kamera mit der rechten Hand fest umschließen, das Objektiv mit der linken bedienen. Der Blick durch den Sucher macht mich zum Finder, denn der „Tunnelblick“ hat bei der Wahl des Bildausschnitts durchaus Vorteile. Es gibt noch mehr zu erwähnen: Den echten Auslöser mit definiertem Druckpunkt. Zudem zig Knöpfe, die nach etwas Eingewöhnung schneller zu bedienen sind und deutlich mehr Funktionen bieten als die smarten Menüs ausgefeilter Foto-Apps. Und im Gehäuse drin? Pixel zum Verlieben.
Meine „alte Dame“ (Baujahr 2005), wie ich meine älteste DSLR (Digital Single Lens Reflex) gern nenne, hat gute 12 Megapixel (MP). Lächerlich angesichts der 23 MP eines modernen Sony-Smartphones. Aber diese 23 MP drängeln sich auf etwa einem Dreißigstel (!) der Fläche, die der Vollformatsensor (36 x 24 mm) der alten Dame zur Verfügung hat. Ergo kann, grob gerechnet, jedes Pixel des Sony-Smartphones nur ein Sechzigstel des Lichts einfangen. Size matters.
Wer hat denn eine Kamera dabei?
Ein Beispiel: Press’n’Relations bei der Weihnachtsfeier. Wir wollen den Wohlfühlfaktor bei unserem alljährlichen Treffen fotografisch einfangen. „Mach doch mal ein Foto“, ruft einer. „Wer hat denn eine Kamera dabei?“. „Wir haben doch alle ein Smartphone“, tönt eine Kollegin und setzt an, ihres im Schummerlicht auf die Runde zu richten. Derweil zückt Uwe gelassen seine Edel-Kompakte. „‚Kamera‘ hieß das Stichwort“, sagt er und grinst. Mit festem Griff (und dem größerem Sensor der Kompakten) hält er den Moment für unsere Erinnerungen fest. Rauscharm, scharf und unverwackelt. Hingegen kranken viele Smartphone-Fotos an fieberhaftem Detailverlust und blutigem Rauschen.
Die alte Lady: behäbig und übergewichtig – aber die Queen im Nightlife
Mögen die winzigen Smartphone-Pixel (rund ein Tausendstel Millimeter Kantenlänge) für Sunshine-Fotos bestens genügen, produzieren sie beim Portrait-Shooting in halbdunklen Fabrikhallen oft ein Rauschen, das bei genauer Betrachtung nicht mehr an Filmkorn, sondern eher an das Fleckentischtuch aus der Waschpulverreklame erinnert. Die „alte Lady“ fängt Photonen mit 64mal größeren Pixeln ein. Zwar geht sie nur bis zu einer Empfindlichkeit von ISO 3200 (das ist wenig im Vergleich zu ihren Nachfahren der jüngsten Generation, die quasi „Nachtsichtgeräte“ sind; zu Zeiten analogen Films war das aber ein Wahnsinnswert). Aber die alte Dame ist von der Dunkelheit kaum beeindruckt, blüht förmlich auf, wenn Shooting-Termine in Kirchen, Kellern und Katakomben anstehen. Mit etwas Nachhilfe in Tools wie Adobe Lightroom oder Dfine aus Google’s Nik Collection lässt sich das Rauschen des Vollformatsensors so gut reduzieren, dass es bei typischen Print-Formaten nicht mehr auffällt.
Gezielt gewürzt: Schärfe, wo sie hingehört
Dazu kommt der Größenvorteil des Sensors: Er bietet das von Fotografen heiß geliebte Freistellpotenzial. Heißt: Bei weit geöffneter Blendenöffnung ist nur ein Teil des Bildes scharf. In Porträts heben sich Gesichter von unscharfen Hintergründen ab und auch bei Tele- und Makroaufnahmen springt der Blick auf den fokussierten Bereich, statt sich in den Details der Umgebung zu verlieren. Das schafft Aufmerksamkeit beim Betrachter, was bei Pressefotos ja nicht schaden kann.
Die Kamera als Zweitgerät – bei Fotos erste Wahl
Zusammengefasst kann gesagt werden: Der Fotoapparat – ob edles Kompaktmodell mit großem Sensor oder noch viel mehr die DSLR oder die Systemkamera ohne Schwingspiegel – punktet gegenüber einem Smartphone, wenn zum Beispiel…
- schnelles Fotografieren (Auslösen) wichtig ist, etwa bei Reportagen, Sport…
- Kunstlicht- und Low-light-Shootings auf dem Programm stehen
- selektive Schärfe für Porträts, Detailaufnahmen o.a. erwünscht ist
- verschiedene Brennweiten, somit verschiedene Blickwinkel gefragt sind
- viele Fotos zu machen sind (wechselbare Speicherkarte, wechselbarer Akku)
Die gute alte (digitale) Kamera ist daher immer noch nicht out, auch wenn das Smartphone ihr in vielen Bereichen schon Terrain streitig machen konnte.
Übrigens gelten ähnliche Argumente auch fürs Filmen, wie Untitled Images uns in ihrem Vimeo-Video amüsant vor Augen führt:
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