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Keine drei Wochen ist es her, dass 2020 (endlich, mag manch einer sagen) zu Ende ging und 2021 mit ungewöhnlich wenig Knalleffekt begann. Doch auch wenn es in den kommenden Monaten in vielerlei Hinsicht wieder aufwärts gehen sollte – insbesondere der Corona-Impfstart macht Hoffnung – hat sich an anderen globalen Problemen nichts geändert. Allem voran der Klimawandel drängt mehr denn je zu entschlossenem Handeln und wird unser aller Leben beeinflussen. Neben der zügigen Umstellung auf erneuerbare Energien und dem Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel, dürfte sich der größte Wandel auf den Straßen vollziehen. Schon heute sind PKWs mit alternativen Antrieben, insbesondere Elektro-Autos, in aller Munde – längst aber noch nicht in jeder Garage. Um dies zu ändern, setzten mittlerweile viele Regierungen auf Subventionen und gesetzliche Förderung. Wie erfolgreich diese Maßnahmen sein können, zeigt etwa Norwegen, wo vergangenes Jahr erstmals die Hälfte aller neu zugelassenen Wagen elektrisch angetrieben wurden. Und auch bei Press’n’Relations dominieren inzwischen die „Stromer“ den Fuhrpark, selbst wenn der Weg hierhin nicht ganz einfach war.

Frühe Anfänge

Bei aller Freude über diese positive Entwicklung muss dennoch die Frage erlaubt sein: Wieso hat das so lange gedauert? Warum treten Verbrennungsmotoren erst jetzt langsam den Rückzug an? Eine Antwort hierauf findet sich, wie so oft, in der Geschichte. Auch wenn einem durch den gegenwärtigen E-Mobilitäts-Hype ein gegenteiliges Gefühl vermittelt wird, ist die Idee, Maschinen mit Strom anzutreiben, nun wirklich gar nicht neu. Im Gegenteil, als Otto- und Dieselmotoren gerade das Laufen beziehungsweise Fahren lernten, waren Elektromotoren schon seit Jahrzehnten im Einsatz. Erste Versuche, die Technologie für Verkehrsmittel zu nutzen, lassen sich bis in die 1830er-Jahre zurückverfolgen, als der schottische Erfinder Robert Anderson an mit Strom betriebenen Alternativen zu den Dampfkraft-Fahrzeugen seiner Zeit tüftelte. In den 1880ern präsentierten schließlich sowohl deutsche als auch russische und französische Ingenieure erste Elektro-Fahrzeuge, die man ernsthaft als Autos bezeichnen konnte. Das selbe Jahrzehnt brachte mit dem „Benz Patent-Motorwagen Nummer 1“ jedoch auch das erste Automobil mit Verbrennungsmotor hervor – ein Erfolg, auf den sich die Daimler AG auch über 130 Jahre später noch gerne beruft.

Dem Verbrenner ebenbürtig

Familienausflug mit frühem E-Auto

Entgegen der verbreiteten Vorstellung, ging diese Erfindung jedoch nicht fließend in den späteren Siegeszug der Verbrenner über. Der Elektro-Antrieb blieb noch für gute zwanzig Jahre eine ernstzunehmende Alternative – auch wenn seine Nachteile sich bereits abzeichneten. Heutige E-Auto-Enthusiasten kennen das Gefühl, sich für die verhältnismäßig geringe Reichweite ihres Wagens rechtfertigen zu müssen. Um die Jahrhundertwende galt dies aufgrund der primitiven Batterie-Technik selbstverständlich umso mehr. Bestenfalls 100 Kilometer ließen sich so unterbrechungsfrei zurücklegen – bei sinnesberaubenden Höchstgeschwindigkeiten von 20-30 km/h! Ein Glücksfall für die Elon Musks des frühen 20. Jahrhunderts (etwa Andreas Flocken, Isaac Rice oder Albert Augustus Pope) war jedoch, dass Autos mit Verbrennungsmotor noch nicht wesentlich effizienter waren. So verwundert es nicht, dass bereits 1900 alleine in den USA 34.000 Elektrofahrzeuge unterwegs waren und sich diese Zahl bis 1912 kontinuierlich erhöhte. Während jedoch Benzinmotoren stetig optimiert wurden (Dieselmotoren spielten noch keine Rolle, erst Mitte der Dreißiger kamen erste Diesel-PKWs auf den Markt), stagnierte der Fortschritt auf Seiten der E-Mobilität – hundert Jahre später sollte es sich ironischerweise umgekehrt verhalten.

Hundert Jahre Irrelevanz

Dementsprechend währte die große Zeit der Proto-Teslas – etwa die Electric Vehicle Company in den USA oder Siemens und Wartburg in Deutschland – nur kurz. Schon in den Zwanzigern deutete kaum noch etwas darauf hin, dass nur wenige Jahre zuvor, selbst der große Henry Ford eine elektrisch betriebene Version seines legendären Modell Ts entwickeln ließ. Als 1927 schließlich der 15-Millionste (!) der kleinen Benziner vom Band rollte, waren Elektroautos kaum noch mehr, als eine Fußnote der Geschichte.

Mittlerweile ein verbreiteter Anblick: Das ladende Elektroauto

Auch in den folgenden Jahrzehnten sollte sich hieran wenig ändern. Zwar wagten sich gelegentlich ambitionierte Ingenieure daran, der Technologie neues Leben einzuhauchen (und besonders nach den Ölpreiskrisen der 1970er bestand hieran durchaus Interesse), mehr als Prototypen und kuriose Kleinserien brachte dies jedoch selten hervor. Dieser langanhaltende Misserfolg lässt sich allerdings nicht ausschließlich an den bereits angesprochenen Nachteilen in puncto Leistung und Effizienz festmachen. Automobil- und Mineralölkonzerne nutzten über viele Jahrzehnte ihren enormen Einfluss um die Elektromobilität und alternative Kraftstoffe möglichst klein zu halten. Erst mit dem rasanten Aufstieg Teslas setzte hier ein dramatisches Umdenken ein und mittlerweile möchte kaum noch ein Autobauer auf ein eigenes E-Modell verzichten.

Mit Strom auf die Schiene

Das zweite große Zeitalter des Elektroautos setzte somit fast genau hundert Jahre nach dem Ende des ersten ein. Es wäre jedoch falsch zu glauben, Fahrzeuge mit Elektroantrieb wären in der Zwischenzeit von der Bildfläche verschwunden. Anstatt der Straße, wurde jedoch die Schiene zu ihrem Reich. Von Hochgeschwindigkeitszügen wie ICE und TGV bis hin zu urigen Trams mit Holzvertäfelung – Elektromotoren befördern täglich Millionen von Menschen von A nach B. Der Schlüssel zum Erfolg lässt sich dabei ganz einfach auf den Punkt bringen: Wo dauerhaft fließender Strom zur Verfügung steht, kann mangelhafte Batterietechnik nicht zum Problem werden.

Auf der Schiene ist Strom schon lange der König

Bei aller, durchaus berechtigter, Begeisterung über Elektroautos und Wasserstoff-LKWs dürfen also Züge, Straßenbahnen und Oberleitungsbusse nicht vergessen werden. Soll der Kampf gegen den Klimawandel ernsthaft angegangen werden, kann es nicht die Lösung sein, einfach alle Autos mit Verbrennungsmotor durch solche mit E-Antrieb zu ersetzen – allein schon, weil deren Produktion ganz eigene Probleme mit sich bringt. Entscheidend wird hingegen die Reduzierung des Individualverkehrs zu Gunsten öffentlicher Verkehrsmittel sein. Praktischerweise sind diese schon heute oft elektrisch.