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Marketing ist Marketing ist Marketing – ganz egal, für was oder wen. Viele werden nun widersprechen. Schließlich kann man Zahnpasta nicht mit Herrenuhren oder betriebswirtschaftlichen Softwareprodukten vergleichen. Doch, man kann. Unter einer Voraussetzung: Man muss die richtigen Fragen stellen und sollte sich sicher sein, dass der Antwortgebende weiß, wovon er redet. Neulich begab ich mich auf die Suche nach der richtigen Frage für das B2B-Marketing im Bereich komplexer Softwareprodukte. 

Das Selbstgefühl im B2B-Marketing

Selbstverständlich ist es unumstritten, dass ein Consumer-Produkt andere operative Bordmittel benötigt, als ein komplexes Industriegut oder eine B2B-Softwarelösung. Was jedoch immer gleich bleibt, ist der Ausgangspunkt aller Aktivitäten. Gemeint ist die Frage, nach der richtigen Perspektive auf die „Identität“ eines Produkts. Ein Beispiel: Wenn sich ein Marketier vermeintlich komplexer Software nähert, etwa einem ERP-System, sollte seine erste Frage im B2B-Marketing nicht lauten: Was kannst du alles? Vielmehr geht es um: Warum bist du so, wie du bist? 

Bei uns Menschen liegt die Analogie in der Betrachtung von Selbstvertrauen und Selbstgefühl. Während es beim Selbstvertrauen um unsere (erlernten) Fähigkeiten geht, spiegelt das Selbstgefühl die Wahrnehmung unseres Selbst – das Erleben darüber, wer wir sind – wider. Dieser Unterschied ist deshalb so wichtig, weil Selbstvertrauen-orientiertes Marketing die funktionale Schlacht am kalten Buffet auslöst. Selbstgefühl-orientiertes Marketing hingegen fragt danach, was ein Softwareprodukt in seinem Kern ausmacht.

Was ist nun das Wesen komplexer Software und wie findet das B2B-Marketing diese Natur heraus? Es sollte mit folgender Frage starten: Was macht komplexe Software eigentlich so komplex? Wenn er die Antwort findet, sind fast alle Marketing- und Vertriebsangelegenheiten schnell geregelt. Schauen wir nun auf die Antwort. Zwei Dinge vorweg: Es ist weder Technologie noch die Menge an Funktionen und Features. Die Wurzel liegt in der nahezu unbegrenzten Möglichkeit, Funktionen und Merkmale je nach Kundensituation zu kombinieren. Gleich einem LEGO-Spiel, werden die verschiedenen Software-Bausteine, -Module und -Komponenten je nach Aufgabe, Prozess, Branche oder Anwender individuell zusammengesteckt. Und damit nicht genug. Ist eine Software gut gemacht, verändert sich bei jeder neuen Kombination die Anmutung und der Nutzen für den Anwender. 

Der drückende Schuh im B2B-Marketing

Damit das B2B-Marketing nun im Rahmen seiner Kommunikationsbemühungen die richtigen Geschichten erzählen kann, muss sowohl das richtige Bedürfnis pro Kundensituation eruiert werden als auch die entsprechende Kombination an LEGO-Steinen. Ist die Kombination falsch, löst das B2B-Marketing kein Interesse aus und der Vertrieb läuft ins Leere. 

Nur wer in den Schuhen seiner Kunden läuft kann herausfinden, wo er wirklich drückt.

Die Lösung für diese verzwickte Situation liegt in den Füßen. Verantwortliche im B2B-Marketing sollten aufhören, im Kopf nach der richtigen Story zu suchen, sondern buchstäblich in den Schuhen der Kunden bzw. Anwender herumlaufen. Nur auf diese Weise erfahren wir, wo der Schuh drückt und welchen Job die komplexe Software für unseren Kunden erledigen muss. Ach übrigens: Was ist ein Job? Ein Job ist NICHT das Bedürfnis des Kunden, sondern sein Schmerz. Beachtet man diesen Unterschied nicht, verkauft man am Ende High Heels mit Geleinlage an jemanden, der eigentlich orthopädische Schuhe bräuchte.

Empathie im B2B-Marketing

Alle charismatischen Führungspersönlichkeiten und weltbekannten Marken haben eines gemeinsam. Sie beginnen jedes „Verkaufsgespräch“ mit der Antwort auf das Warum: Warum tue ich eigentlich, was ich tue? Dieses Verhalten verschafft maximale Integrität und Glaubwürdigkeit – zwei Faktoren, die bei allen Kaufentscheidungen maßgeblich sind. 

Die Frage nach dem Warum ist in nahezu allen Marketingdisziplinen der Joker. Denken wir wieder an die Schuhe unseres Kunden. Auch hier wollen wir nicht nur wissen, was der Kunde braucht, sondern warum! Haben wir das verstanden, bauen wir eine LEGO-Kombination, die der Kunde nicht ablehnen kann. Andere Disziplinen nennen dieses Verhalten Empathie oder auch Einfühlungsvermögen. Erst nehmen wir das Gegenüber wirklich wahr. Dann interpretieren wir das, was wir wahrnehmen. Im dritten Schritt erfüllen wir das Bedürfnis. Nein. Wir stillen den Schmerz. Fertig ist die Laube.

Komplexe Sachen sind komplex

Wir fassen zusammen. Um Komplexität aufzulösen, brauchen wir keine USP-Schlachten, sondern Empathie und Interesse am Gegenüber. Und wir brauchen noch etwas: Mut und Akzeptanz. Wir müssen tief durchatmen und akzeptieren, dass komplexe Sachen sind, wie sie sind. Wir müssen den Mut haben, Komplexität nicht negativ bewerten zu wollen, sonst ist unsere Empathie beim Teufel. 

Das Nähkästchen

Wer im Kundenportfolio des Press’n’Relations einmal schnuppert, weiß, dass wir uns intensiv mit „komplexen“ Themen beschäftigen. Wir nennen das erklärungsbedürftige Produkte. Wie sieht denn nun unser Kommunikationsalltag aus, den wir im Rahmen von B2B-Marketing durchleben? Eines sei gesagt: Es ist nicht komplex. In unserem Blog-Beitrag „Wenn der Plan kein Plan ist“ erzählen wir von unserer Arbeitsweise. Was uns Content bedeutet erfahren Sie auf unserem Agentur-Blog genauso wie unsere Meinung zu digitaler Kommunikation.

Zum Schluss bleibt vielleicht noch zu sagen: Als PR-Agentur laufen wir jeden Tag sehr viel. Wir hören sehr aufmerksam zu und wir lernen. Erst dann setzen wir uns an unsere Schreibtische und erzählen die Geschichte. Ob wir das im persönlichen Gespräch tun, über eine Presseinformation, einen Fachartikel oder Anwenderbericht, ob wir analoge und/oder digitale Medien und Werkzeuge benutzen, entscheidet die Story. Denn jedes LEGO-Kunstwerk ist einzigartig.

Herzliche Grüße

Ihre Monika Nyendick