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Die Ur-Großeltern haben möglicherweise beides noch: ein echtes Telefon auf dem TV-Schrank und ein richtiges Küchenradio links auf dem Kühlschrank. Relikte der technologischen Steinzeit, in der ein Hörfunkbeitrag ein Hörfunkbeitrag und ein Telefon ein Telefon war. Für PR-Macher waren die Welten klar – per Telefon geht keine PR und im Radio kann man immerhin mal Hörfunk-PR platzieren. In einer blitzschnellen Mutation wird nun aus „Hörfunk“ Audio-Content und aus dem Telefon – na gut, wissen wir schon, ist eine multi-digitale Allzweckwaffe geworden. Für wirkliche Kommunikationsprofis ist das Verschmelzen von Smartphone und hörbaren Inhalten die Chance, einen Teil des PR-Budgets noch sinnvoller zu investieren und nachweislich Reichweite zu erzielen. Es werden immer mehr Hörer in diesem Land, dagegen immer weniger Leser und sehr wenige „Bewegtbildwerbung-im-Internet-Nutzer“. In dieser Woche melden die digitalen Branchenverbände stolz, dass im vergangenen Jahr rund 240 Millionen Euro für Videowerbung im Internet ausgegeben wurden. Nur – wer hats wirklich gesehen? Und warum steckten die Werber vergangenes Jahr immerhin fast 2 Milliarden Euro in Hörfunk-Werbung und Hörfunk-PR?

Wer heute mit seinem voll vernetzten Wagen von Hamburg nach München fährt und dabei ohne eine einzige Unterbrechung den Medizinkanal der Medizinfachmesse medico im Internet hört, weiß warum. Ab dem nächsten Jahr bieten die ersten Premiumhersteller ausschließlich Neuwagen an, deren Mediensysteme voll, durchgehend und in hoher Geschwindigkeit internetfähig sind. Da erst mit dem selbstfahrenden Auto die Nutzung von TV und Online-Portalen für den „Fahrer“ unterwegs wirklich empfehlenswert wird, wird der Bedarf an Hörinhalten noch einmal ansteigen. (Mehr dazu)

Angebote für spitze Zielgruppen, special interest-Programme und Unternehmenskanäle werden selbstverständlich. Die Hinweise auf die Inhalte werden per deep link über die sozialen Netze kommen, die Angebote sind untereinander kombinierbar; wer Jazz mag, möchte vielleicht einen Kulturanteil in seinen individuell zusammengestellten Nachrichten haben der höher ist als der, der vor allem das Neueste aus dem Dschungelcamp hören möchte.

Die Anforderungen an die Anbieter von Audio-Kommunikation sind mit den wachsenden Möglichkeiten größer geworden, wie bei allen Kommunikationsagenturen, die neue, digitale Konzepte für ihre Kunden entwickeln mussten. Welche Basics muss eine Audioagentur heute anbieten, welche Beratungsleistungen sind ein „must“ und was kostet das Ganze?

Wie gut müssen die Anbieter das Radiogeschäft beherrschen?

  • Die Produktion von spannenden Hör-Inhalten können relativ viele Anbieter leisten. Wichtig ist, dass die Hörexperten auch klar sagen, wenn sich eine Themenidee nicht für Hörfunk und Portale eignet (sehr sperrige Themen, reine B2B-Themen, kein journalistischer Ansatz).
  • Die Agentur muss festangestellte „Senderkontakter“ haben: nur die können genau wissen, bei welchem der rund 200 Radioprogramme ein Thema Chancen hat, auch wirklich ausgestrahlt zu werden. Und über diesen persönlichen Kontakt kommen die allermeisten Reichweitenerfolge zustande.
  • Die Dokumentation der Reichweite muss seriös sein: die einzig relevante Messlatte ist die sogenannte „Stunden-Netto-Reichweite“, das ist die härteste Währung. „Hörer gestern“ oder sogar „technische Reichweite“ werden gerne von schwarzen Schafen ausgewiesen, haben aber Null Aussagekraft.
  • Es gibt Anbieter, die tatsächlich den bloßen Download eines Beitrages oder der Original-Töne durch einen Radiosender als „Ausstrahlung“ dokumentieren – am besten gleich das Honorar komplett zurückverlangen!
  • Senderkooperationen haben viel Potenzial – für einen reichweitenstarken Sender kann es sich durchaus lohnen, noch einmal einen eigenen Beitrag in einem eigenen Format zu produzieren. Solche Vorschläge müssen vom Dienstleister kommen!
  • Interviewpartner – wenn Sie ein Thema haben, zu dem Sie sich selbst ein interessantes Interview im Radio vorstellen können, sollten Sie auch die von Ihnen ausgewählte Hörfunk-PR-Agentur danach fragen. Zwar ist die am meisten genutzte Form in der Hörfunk-PR ohnehin nicht der fertige, dramaturgisch aufwendig, oft mit Soundeffekten versehene Beitrag, sondern der Einsatz von „Original-Tönen“ eines Gesprächspartners. Eine gute Agentur wird Ihnen aber immer auch anbieten, besonders reichweitenstarken Sendern einen Experten Ihres Unternehmens oder Verbandes exklusiv für ein tatsächliches (selten) oder gestelltes „Live“-Interview zu vermitteln. Diese Interviewvermittlung gelingt Radioexperten meistens, wenn das Thema stark genug ist.
  • Radioexperten sind oft immer noch Hörfunk-Freaks, die ähnlich wie Print-Journalisten nur sehr ängstlich über den Tellerrand hinausschauen. Vergessen Sie Hörfunk-Anbieter ohne tiefe Digitalkompetenz!

Laufen alle Themen im Hörfunk oder als Audio-Inhalt?

Die schlechte Nachricht zuerst: Nein! Hörfunk-PR funktioniert nicht bei allen Themen. Wenn es um die Schönheit neuer, farbenfroher Sonnenschirme oder die sensationelle neue Starkfolienverpackung für Hühner-Eier geht, bleibt nur Werbung oder im Falle der Verpackung die Geflügel-Fachpresse. Bleiben all die Themen, die im Hörfunk hervorragend laufen: Themen, bei denen mit journalistischer Einschätzung davon ausgegangen werden kann, dass sie zumindest die Mehrheit der Radiohörer interessieren. Also:

  • Themen mit journalistischem Neuigkeitswert (Warnung vor Hacker-Angriffen, die Ankündigung des Apple-Autos, Strafzinsen für Bankguthaben umgehen)
  • Themen mit Ratgeber- und Service-Inhalten (Was ändert sich bei der Lohnsteuer? Ist griechischer Joghurt wirklich gesund?)
  • Themen mit hohem Unterhaltungswert (Nach dem Dschungelcamp kommt das Wüstencamp, alle Themen rund um große Events aus Sport oder Show)

Wenn Sie Ihr Thema in keine dieser drei Kategorien einordnen können, sind andere Kommunikationsmaßnahmen vielleicht geeigneter. Oder Ihr Thema ist schlicht kein Thema, zumindest nicht für die Öffentlichkeit.

Können Sie erfolgreich kommunizieren, wenn Sie nur auf Hörfunk-PR setzen? Das kann durchaus der Fall sein, aber in aller Regel ist Hörfunk-PR ein Teil einer PR-Maßnahme. Dies macht auch Sinn, weil die Inhalte einer Hörfunk-PR-Maßnahme auch für andere Kommunikationswege genutzt werden können und umgekehrt. Prüfen Sie doch einmal bei Ihrem nächsten Thema,

  • ob sich aus dem Hörfunk-PR-Manuskript nicht ganz einfach eine wirklich interessante Pressemitteilung machen lässt.
  • ob das eingebaute Zitat Ihres Experten in Ihrer Pressemitteilung so überzeugend und interessant ist, dass daraus auch ein kurzes Radio-Interview werden könnte.
  • ob aus Ihrem (Internet)-TV-Beitrag nicht ohne großen Mehraufwand auch ein Hörfunkbeitrag werden könnte.
  • ob es sich lohnt, die wichtigsten Statements Ihrer Pressekonferenz auch als Audio-PR-Material zu verbreiten.

Wenn Ihr Thema nach den genannten Kriterien für den Hörfunk mit seiner gigantischen Reichweite und dem sehr großen Vertrauen der Nutzer in Frage kommt, können eigentlich nur noch Budgetgründe gegen dieses Kommunikationswerkzeug sprechen. Bei einem durchschnittlichen Tausender-Kontakt-Preis von 1-2 Euro ist dies allerdings ein doch recht schwaches Argument, vor allem verglichen mit Bewegtbild-Kommunikation im Netz oder mit eingebuchten Advertorials in Portalen oder der Printpresse.

Ein Vorbehalt gegen Hörfunk-PR ist oft, dass sich kein Long Tail-Effekt auf den digitalen Kanälen einstellen kann. Das war lange Zeit richtig: der Beitrag wurde einmal in einem Radioprogramm ausgestrahlt, das wars. Das stimmt nicht mehr, denn

  • zumindest bei der Berliner Hörfunk-PR-Agentur allmediachannels bekommt jeder Kunde einen deep link auf den eigens umformatierten Hörfunk-Beitrag und kann so seine Nutzer von der eigenen Website oder dem eigenen Facebook-Account direkt und andauernd zu dem Hörinhalt leiten.
  • optional wird dieser Link zu dem Audio-Content zusätzlich in den genau richtigen Zielgruppen auf Facebook, Xing und Linkedin beworben.

Bleibt die Frage nach dem eigenen Aufwand für eine Audio-Content/Hörfunk-PR-Aktion

Sie haben die Idee für ein Thema oder eine aktive Audio-Agentur hat Ihre Inhalte gescreent und sich mit einem Vorschlag bei Ihnen gemeldet – dann ist ja der wichtigste Schritt schon gemacht, denn – siehe oben – gute Hörfunk-Kommunikation lebt wie jedes Storytelling von guten Themen. Schicken Sie der Agentur ein erstes, ganz kurzes Briefing, das kann auch nur die ausführliche Pressemitteilung zum Thema sein. Und Sie bezahlen hier natürlich noch gar nichts! Bitten Sie um eine Einschätzung: Wie viele Hörer lassen sich auf welchem Weg in welcher Zeit erreichen? Fairness halber ist das der letzte Schritt, den die Agentur ohne Honorar gehen muss (und kann), denn ab jetzt geht es um Arbeiten, die theoretisch auch von einem anderen Anbieter oder dem Kunden selbst weiter verwendet werden könnten.

  1. Schritt: kurze Einschätzung Ihrer Idee durch die Audioexperten (honorarfrei)
  2. Schritt: Einigung auf einen Honorar-Rahmen (15% Schwankungen sind je nach Produktionsaufwand OK)
  3. Schritt: Entwurf eines ersten Story Boards, Abstimmung mit Ihnen
  4. Schritt: Vereinbarung und Durchführung von Interviews mit Ihren oder externen Experten, Straßenumfragen, Musikauswahl, Festlegung des gewünschten Ausstrahlungs-Termins
  5. Schritt: Freigabe des fertigen Manuskriptes oder Korrektur
  6. Schritt: Produktion des Beitrages
  7. Schritt: Distribution an Radiosender, Verlinkung in den sozialen Medien

Gemessen am schnellen Schreiben einer Pressemitteilung ist der Aufwand natürlich wesentlich höher, gemessen an einem TV-Beitrag winzig.

Hörfunk-PR und Audio-Kommunikation sollten PR-Macherinnen und Macher einfach ausprobieren – die „Wiederholungs-Quote“ der Kunden liegt bei den meisten Agenturen bei deutlich über 80 Prozent.

Wolfgang ZehrtÜber Wolfgang Zehrt
„Inhalt ist ein kostbarer Rohstoff – also muss man möglichst viel daraus machen“ – deswegen entwickelt(e) Wolfgang Zehrt digitale Formate und Firmen: Internet-TV für Spiegel Online aus New York, Audio-Content und Hörfunk-PR für alle großen Verlage, digitale Kanäle für IR und PR der NYSE-Euronext und deren Kunden, Content Marketing für die Nachrichtenagentur dapd. Zuvor und manchmal parallel als Reporter in Sachen Neo-Nazis und Nahost unterwegs (Zeit, Stern, ARD). „Die Pressemitteilung“ 2014 komplett digitalisiert neu herausgegeben. Kalifornien-Fan: gründete dort 1997 einen komplett analogen Harley-Verleih. Begeisterter Vater zweier lesender Töchter.